Zwangsversteigerungen: Vorsicht, Katze im Sack!

eingestellt von Carolin Berger am 8. November 2019

Zwangsversteigerungen: Vorsicht, Katze im Sack!

In Zeiten steigender Immobilienpreise setzen viele Menschen ihre Hoffnungen in Häuser und Wohnungen aus Zwangsversteigerungen. Doch Vorsicht: Schnäppchen sind rar und oft sind die Informationen über die Objekte unzureichend.

„Einfamilienhaus, 150.000 Euro.“ Auf solche und ähnliche scheinbar verlockende Angebote stößt man öfter, wenn man in Immobilienportalen nach günstigen Objekten sucht. Oft findet sich aber daneben der Hinweis: „Zwangsversteigerung.“ Dahinter verbergen sich unterschiedliche Schicksale. Generell unterscheidet man zwischen einer Vollstreckungsversteigerung, bei der ein Gläubiger das Verfahren anstrengt, und einer Teilungsversteigerung, bei der einer oder mehrere der Miteigentümer die Versteigerung beantragen – etwa nach einer Scheidung oder im Falle einer Erbengemeinschaft. Die Teilungsversteigerung ist deutlich häufiger.

Veröffentlicht werden die gerichtlich bestimmten Versteigerungstermine in einem Portal der Landesjustizverwaltungen im Internet, aber auch im Bundesanzeiger, der lokalen Presse und an der Gerichtstafel im Amtsgericht. 2018 kamen so 18.449 Immobilien mit einem Verkehrswert von 3,85 Milliarden Euro unter den Hammer. Die Zahl ist zwar seit rund zehn Jahren rückläufig; gleichzeitig steigt aber das Interesse – insbesondere in den Ballungsgebieten, in denen die Preise für Immobilien steigen. Nicht selten kommende Dutzende von Bietern zu Zwangsversteigerungen attraktiver Gebäude und dazu eine große Zahl von Schaulustigen, denn Zwangsversteigerungen sind öffentlich.

Oft nur wenige Informationen erhältlich

Ein Grundproblem vieler Zwangsversteigerungen ist der Mangel an verlässlichen Informationen zur Immobilie. Das Gericht gibt zwar ein Gutachten in Auftrag, nur: Viel hängt von der Kooperationswilligkeit des Eigentümers ab. In der Regel kann der offiziell bestellte Gutachter das Gebäude nicht betreten – er schaut es sich lediglich von außen an und kann so nicht erkennen, ob es von innen desolat ist. „Man kauft die Katze im Sack, wenn man sich nur auf das Gerichtsgutachten verlässt“, betont der Verband Privater Bauherren (VPB). Dieser hat einen kostenlosen Ratgeber für Interessenten von Zwangsversteigerungen veröffentlicht.

Der gerichtliche Gutachter kann zum Beispiel meist weder den Keller oder den Zustand des Gebälks beurteilen noch feststellen, ob es durch das Dach regnet oder Schimmelbefall gibt. Deshalb sind seine Aussagen immer mit Vorsicht zu betrachten. Die Zusammenstellung der Gerichtsunterlagen ist zudem oft nicht aktuell. Die fehlende Innenbesichtigung gleicht der Gutachter in der Regel durch einen Abschlag beim Schätzwert aus.

Eigene Auskünfte einholen

Wer großes Interesse an einem Objekt hat, sollte sich deshalb einen eigenen Gutachter nehmen. Der kann das Haus in der Regel zwar auch nur von außen ansehen, man kann aber von seinem Erfahrungsschatz profitieren. So kann der Gutachter auf grundsätzliche Probleme aufmerksam machen, die für das Baujahr des Gebäudes typisch sind – wie zum Beispiel bestimmte kritische Baustoffe. Zudem kann er grob abschätzen, welcher Preis bei einer Zwangsversteigerung erzielt werden könnte und was eine Sanierung typischerweise kostet. Denn der echte Preis für ein Objekt setzt sich aus dem Gebot und der oft teuren Sanierung zusammen.

Ebenfalls wichtig bei älteren Gebäuden ist der Gang aufs Bauamt. Steht das Objekt vielleicht unter Denkmalschutz? Und: Es lohnt sich oft, mit den Nachbarn zu reden. Denn die haben ein Interesse an seriösen Käufern und sind daher oft auskunftsfreudig. Diese können auch auf Probleme aufmerksam machen, etwa ob es Hochwasser gibt oder wie sich die Gegend verändert – zum Beispiel durch einen geplanten Supermarkt in der Nachbarschaft.

Deutlich einfacher als bei Einfamilienhäusern ist es bei Eigentumswohnungen, an Infos zu kommen – etwa an die Protokolle der Eigentümerversammlungen und die Teilungserklärung. Zudem kann der Verwalter mitteilen, was für ein Vermögen an Rückstellungen die Gemeinschaft hat und was an Sanierungen ansteht. Und man sieht besser, in welchen Zustand sich Haus und Anlage befinden. Doch auch hier gilt: Man weiß in der Regel nicht, wie es in der Wohnung aussieht.

Transparenter Termin

Der Versteigerungstermin dauert in der Regel etwa eine Stunde. Zuerst gibt das Amtsgericht Formalitäten bekannt, zum Beispiel den Inhalt des Grundbuchs, den Verkehrswert, das Mindestbargebot und ob der Ersteher im Grundbuch eingetragene Rechte übernehmen muss. Danach beginnt die Bietzeit, die mindestens 30 Minuten betragen muss. In dieser gehen die Interessenten zum zuständigen Rechtspfleger, zeigen ihren Ausweis vor und nennen ihr Gebot. Dieses muss jeweils höher sein als das des vorigen Bieters. Nach 30 Minuten wird das bis dahin höchste Gebot aufgerufen, dann kann frei weiter überboten werden. Dies wiederholt sich so lange, bis kein höheres Gebot mehr genannt wird.

Das heißt aber nicht, dass es zwingend zum Zuschlag kommt. Der Gläubiger oder Antragsteller hat die Möglichkeit, den Zuschlag zu verhindern, indem er nach der Gebotsabgabe die einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragt. Passt ihm das Angebot, das häufig über dem Verkehrswert liegt, wird der Zuschlag erteilt. Dann muss der erfolgreiche Bieter sofort gegenüber dem Amtsgericht seine Bietsicherheit erbringen, die in der Regel zehn Prozent des gerichtlich festgesetzten Verkehrswerts beträgt. Ansonsten wird das Gebot zurückgewiesen. Deshalb ist es wichtig, schon im Vorfeld der Versteigerung die Finanzierung mit der Sparkasse zu klären.

Die Bietsicherheit kann auf verschiedene Arten erbracht werden: zum Beispiel durch die Überweisung an die Gerichtskasse oder die unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines inländischen Kreditinstituts wie der Sparkasse. Die Finanzierungszusage hängt dabei in der Regel von der Bonität des Kunden ab.

Immer die Nerven bewahren

Oft entwickeln die Versteigerungen ihre eigene Dynamik und so mancher Interessent lässt sich zu einem hohen Gebot verleiten. Deswegen sollte man sich vorher klarmachen, wie hoch das eigene Limit ist, rät der VPB. Und kaltes Blut bewahren. Auf keinen Fall solle man sich dazu verleiten lassen, über das eigene Limit zu gehen. Sonst kann aus der scheinbar günstigen Traumimmobilie ein Albtraum werden.

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