Über den Einsatz von künstlicher Intelligenz

Über den Einsatz von künstlicher Intelligenz
Veröffentlicht: 01. Dezember 2023 in NNP
Von: Rolf Goeckel

SparkassenKolleg in der Stadthalle Limburg mit 1000 Schülerinnen und Schülern

LIMBURG. Seitdem das amerikanische Unternehmen Open AI vor gut einem Jahr mit ChatGPT an die Öffentlichkeit gegangen ist, ist ein wahrer Hype um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) entstanden – aber auch eine Kontroverse um das Potenzial der neuen Technologie. Die einen sehen die Menschheit bereits am Beginn eines neuen Zeitalters, die anderen wähnen sie am Rande des Abgrunds. Was aber ist KI eigentlich? Was kann sie und wie wird sie die Arbeitswelt womöglich verändern? Um diese Fragen drehte sich das jüngste Kolleg der Kreissparkasse Limburg in der Stadthalle. Rund 1000 Oberstufenschüler aus verschiedenen Gymnasien und Gesamtschulen im Landkreis erlebten einen faszinierenden Vortrag von Michael Jerratsch und Evelyn Anhalt, beide IT-Experten des Unternehmens Finanz Informatik, des Digitalisierungspartners der Sparkassen-Finanzgruppe. Anschließend diskutierten die Schüler mit den Referenten über Chancen und Risiken von KI. Generative Künstliche Intelligenz werde die Menschen nicht ersetzen, sondern sie unterstützen, machte Evelyn Anhalt gleich zu Beginn ihren Standpunkt deutlich. Die Fähigkeiten von KI machte sie anhand eines Bildes aus der Welt des Backens deutlich: KI schafft es, allein aus den Zutaten für eine Sachertorte ein Rezept zu entwickeln, mit dem dann eine Sachertorte gebacken werden kann – und das in Sekundenschnelle. Ein Mensch, der kein Rezept hat, wäre mit einer solchen Aufgabe völlig überfordert. „KI ist ein intelligentes System, das in der Lage ist, etwas Neues zu schaffen“, sagte Anhalt.

Ein Beispiel für die praktische Anwendung

Die praktische Anwendung von KI führte Michael Jerratsch am Beispiel der Entwicklung eines Sneaker-Schuhs den Jugendlichen vor Augen. Mit Hilfe spezieller Software sei es möglich, innerhalb von nur zwei Tagen einen Sneaker in unzähligen Varianten zu entwerfen. Statt Wochen oder Monate, die ein ganzes Team menschlicher Entwickler dafür benötigen würde, gelingt dies einer KI innerhalb von Stunden oder Tagen. „Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt“, lautete das Fazit des Referenten. Auch im Online-Marketing ist KI laut der Schilderung des Referenten allgegenwärtig.

Wir Menschen definieren die Grenzen.

– Michael Jerratsch, IT-Experte, Finanzinformatik Frankfurt am Main

Dies wisse jeder, der beim Surfen im Internet auf seine Nutzung zugeschnittene Werbung eingeblendet bekomme. „Das schlagen die Empfehlungsalgorithmen zu“, erläuterte Jerratsch. „Wir werden in unserem Verhalten genau beobachtet“, so der Referent. Nach diesem Muster funktionierten auch die Algorithmen von Streamingdiensten. Darüber hinaus ist eine Vielfalt von Anwendungen für generative KI-Systeme denkbar, wie Evelyn Anhalt mit einigen Beispiel belegte, sei es die medizinische Diagnostik, die industrielle Fertigung und Produktentwicklung, der Einsatz im Auto oder auch – für die Schüler in der Limburger Stadthalle ganz wichtig – die Entlastung von Lehrern und die individuelle Förderung von Schülern, sowohl der guten als auch der schlechteren.

Daten „das Persönlichste, was ihr habt“

Auch das Thema Datensicherheit beleuchteten die Referenten. Und sie warnten: „Egal, wo wir uns im Internet bewegen, wir hinterlassen Spuren.“ Sie appellierten an die Schülerinnen und Schüler im Saal, sorgsam mit ihren Daten umzugehen, vor allem in den sozialen Netzwerken. Daten seien „das Persönlichste, was ihr habt“. Der Einsatz von KI habe überdies eine ethische Dimension, machte Evelyn Anhalt deutlich. So sei beispielsweise der verstorbene Schauspieler Hans Clarin erst kürzlich als Stimme der 80er-Jahre-Kunstfigur Pumuckl zum Leben erweckt
worden. Auch sei es mittlerweile sogar möglich, sich Geschichten von der Stimme der toten Großmutter vorlesen zu lassen. „Ist das noch in Ordnung, oder geht das zu weit?“, fragte Anhalt.

Viele Fragen zu einem bewegenden Thema

Nach dem Vortrag hatten die Schülerinnen und Schüler viele Fragen. „Fallen wir alle in die Arbeitslosigkeit?“, wollte eine Schülerin wissen. Jerratsch beruhigte: „Die Arbeitsplätze fallen nicht weg, die Arbeit ändert sich.“ So sei es schon bei früheren technischen Veränderungen gewesen, zum Beispiel bei Sparkassen-Kassierern oder Technischen Zeichnern. Für KI gelte: „Jemand muss die Roboter auch programmieren“, so Jerratsch. „Wird es irgendwann sogar eine Gottes-KI geben, eine, die sich selbst weiter entwickelt?“, wollte ein anderer Schüler wissen. „Wird KI uns Menschen irgendwann ersetzen“, sorgte er sich. Jerratsch warnte davor, KI-Systeme mit Vorstellungen aus Science-Fiction-Filmen wie Terminator oder Matrix gleichzusetzen. Und Anhalt ergänzte: „KI kann ohne uns nicht funktionieren.“ Dass sie den Jugendlichen in ihrem Berufsleben jedoch die Bereitschaft zum ständigen Wandel abverlangen wird, daran ließen beide Referenten keinen Zweifel. Aber ob solche Systeme jemals so etwas wie Selbstbewusstsein entwickeln werden, sei wohl eine Glaubensfrage, meinte Jerratsch. Auch Sparkassenvorstand Mario Rohrer ging abschließend auf die Sorge einiger Schüler ein, dass sie als Arbeitskräfte eines Tages nicht mehr gefragt sein könnten.

Vor 40 Jahren, erzählte Rohrer, sei ein Mitarbeiter einen ganzen Morgen damit beschäftigt gewesen, nur Kontoauszüge einzusortieren. Heute werde dies online erledigt. „Wir haben aber trotzdem nicht weniger Mitarbeiter als vor 40 Jahren“, sagte der Sparkassen-Chef. Sein Fazit: „Wir brauchen Menschen und Automation zugleich.“ Jerratsch ergänzte, es sei schließlich immer der Mensch, der entscheide, welche KI er künftig einsetzen wird. „Wir Menschen definieren die Grenzen“, so Jerratsch. Insgesamt sah er jedoch mehr Chancen als Risiken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

 

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