Klimaschutz: Jeder kann etwas tun
Experte spricht beim Sparkassenforum vor 1000 Schülern
Die Themen Klimawandel und Klimaschutz bleiben politisch hochaktuell. Auch beim Sparkassenforum in der Limburger Stadthalle mit gut 1000 Oberstufenschülern ging es darum. Es sprach der Präsident des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
„Klimaschutz konkret! Welche Rolle spielt die Politik? Welche Rolle spielen wir?“ So lautete gestern der Titel des Sparkassenforums. In der Limburger Josef-Kohlmaier-Halle referierte der Präsident des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Dr. Thomas Schmid, auf Einladung der Kreissparkasse (KSK) Limburg vor knapp 1000 Oberstufenschülern aus Limburg, Hadamar und Bad Camberg.
Schmid hält die von vielen angeführte Position für ein Scheinargument, dass Deutschland ja nur für 2,1 Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich sei und darum nichts verändern könne. Die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt habe immer Einfluss, sagte der Unidozent. So lasse Deutschland ja beispielsweise auch in China, beim momentan größten Kohlendioxid-Verursacher, produzieren. Wenn alles weiterlaufe wie bisher, hätten wir bis 2100 statt der erhofften nur zwei Grad Temperaturanstieg fünf Grad Anstieg.
Derzeit verursache jeder Deutsche im Schnitt 9,7 Tonnen CO2 im Jahr, sagte Schmid. Wenn wir zwei Grad Erderwärmung einhalten wollten, müssten wird den Wert seiner Rechnung nach auf drei Tonnen senken. Er nannte das Beispiel von Lena, die auf diesen Wert komme, indem sie auf Flüge und Auto verzichtet, nur Rad und Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzt, sich überwiegend fleischlos und regional ernährt und viele Klamotten Second Hand kauft.
Eine dritte Möglichkeit
Man müsse aber nicht auf alles verzichten, um etwas zu bewegen, sagte Schmid. Beispielsweise könnten die Schüler versuchen, eine Mahlzeit am Tag auf fleischhaltige Kost zu verzichten, wenn es gehe, das eigene Auto stehen zu lassen, regional und keine Billigwaren zu kaufen. Am Ende gab es eine rege Diskussion. Eine Schülerin fragte, ob sie lieber plastikverpackte Tomaten im Supermarkt aus Deutschland oder unverpackte aus den Niederlanden kaufen solle. „Es gibt nicht nur die Wahl zwischen Plastik oder längerem Transportweg, es gibt immer auch eine dritte Möglichkeit. Kaufen sie Ihr Gemüse auf dem Wochenmarkt“, sagte Schmid.
Eine Schülerin sagte, dass sie nicht mehrmachen könne. Auf Plastik verzichte sie schon. Da sie in ihrem Ort keine gute ÖPNV-Anbindung habe, könne sie höchstens schauen, ob sie zusammen mit anderen das Auto nach Limburg nutzen könne, nicht aber ohne auskommen. Schmid weiß selbst, dass sich gerade auf dem Land in Sachen Alternativen zum eigenen Auto noch viel tun müsse. Er selbst könne beruflich auch noch nicht ganz aufs Auto verzichten, fahre aber Kleinwagen und längere Strecken Bahn. Seine Vision ist, dass es künftig nicht mehr ums eigene Auto als Statussymbol, sondern nur noch um eine Optimierung der Mobilität gehe. Die Zukunft könne sein, dass sich Kunden meldeten und sagten, sie müssten dann und dann von dort nach dort und bekämen dann die beste Lösung aufgezeigt. Dann brauche nicht mehr jeder ein Auto vor dem Haus stehen haben, das 99 Prozent der Zeit ungenutzt herumstehe.
Dr. Henrike Zilling, Leiterin der Limburger Marienschule, verriet, dass sie beispielsweise Second-Hand-Kleidung trage. Sie forderte vom Land, Oberstufenschülern kostenlose ÖPNV-Tickets zu gewähren. Schmid ist überzeugt, dass die Bürger großen Einfluss auf die Politik hätten, denn Abgeordnete wollten wiedergewählt werden und Mehrheitsmeinungen folgen.
Noch selbst im Griff
Schmid ist der Auffassung, dass die „Fridays for Future“-Kampagne nicht erfolglos gewesen sei. Mittlerweile gebe es in Deutschland das erste Klimaschutzgesetz. Trotz wachsender Bevölkerung habe es die Menschheit noch selbst im Griff, die Wende zu schaffen. Dass es Erderwärmung gebe, mehr Trockenheit und Starkregen, das stehe außer Frage. Dass viele erst jetzt reagiert hätten, habe damit zu tun, dass man den Klimawandel jetzt erst bewusst gespürt habe.
Der Präsident des Landesamtes hält es für problematisch, dass das Thema derzeit oft emotional diskutiert werde. Ältere hätten Angst, etwas von ihrer Lebensqualität abgeben zu müssen. Sie hätten sich ihr ganzes Leben lang angestrengt und damit auch das Recht, einen SUV vor der Haustüre stehen zu haben. Junge Menschen würden es oft ebenso emotional sehen, weil sie sich sagten, der Lebensstil der Älteren verbaue ihnen ihre Zukunftschancen. „Emotionale Diskussionen führen aber nie zu Kompromissen“, sagte Schmid.
Aber jeder habe es selbst in der Hand, wie er sein Leben gestalten wolle. Brauche man wirklich den SUV fürs Lebensglück? Er persönlich findet Städte viel schöner mit weniger Straßen, dafür mehr Grünflächen und Begegnungsräumen. Dass durch weniger Autos die deutsche Wirtschaft Schaden nehmen könne, denkt der Behördenleiter nicht. Im Bereich regenerative Energien gebe es mittlerweile in Deutschland bereits mehr Arbeitsplätze als in der Autoindustrie.
Mario Rohrer, Vorstandsmitglied der KSK, berichtete, dass sein Unternehmen auch einiges tue. Nicht nur, dass es das für Schmids kostenfreien Vortrag gesparte Honorar für die Verbesserung der Klimabilanz spende. Die KSK-Chefs fahren auch im Elektroauto mit selbst erzeugtem Strom. Die Mitarbeiter würden zudem unterstützt, damit sie mehr aufs Rad und auf den ÖPNV setzten.
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