Energieautark mit einem Haus aus den 60er-Jahren?

eingestellt von Anke Stein

Energieautark mit einem Haus aus den 60er-Jahren?

 

Ein Hausbesitzer berichtet von seinen Erfahrungen. Ist es möglich, auch mit einer älteren Bestandsimmobilie selbst ausreichend Strom zu produzieren, anstatt 19.000 kWh Gas pro Jahr zu verbrauchen? Und damit energetisch autark und auch noch wesentlich klimafreundlicher zu sein? Unser Erfahrungsbericht gibt interessante Einblicke:

Wie alles begann – Dämmung, Fenster und Gas-Brennwerttherme

Vor zwölf Jahren haben wir in Limburg ein Einfamilienhaus gekauft, das 1960 gebaut wurde. Bis auf einen ausgetauschten Heizkessel befand sich noch alles im Urzustand. Wir beschlossen daher, die Immobilien umfangreich zu sanieren. Das bedeutete:
Komplett neue Haustechnik, Fußbodendämmung, Dämmung aller Außenwände (24 cm) sowie des Daches (Aufdachdämmung) sowie neue Fenster. Zur Wärmeerzeugung hatten wir uns für eine Gas-Brennwerttherme entschieden. Die Alternativen Wärmepumpe oder Erdwärme wurden auch in Erwägung gezogen und oberflächlich geprüft. Ausschlaggebend für die Gastherme waren dann aber die günstigen Anschaffungskosten sowie Einfachheit und Zuverlässigkeit. Eine Fußbodenheizung einzubauen war leider nicht möglich, so dass wir uns für große Röhrenradiatoren entschieden.

Durch diese Maßnahmen haben wir das Haus in einen sehr guten energetischen Zustand versetzt.

Kostenlose Sonnenenergie nutzen

Der Energiebedarf für einen 4-Personenhaushalt beträgt für Wärme und Warmwasser durchschnittlich 19.000 kWh pro Jahr. Bis zum Jahr 2021 haben wir für Gas jährlich 1.360 Euro bezahlt.

Im April 2020 haben wir eine große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach installiert. Sie hat eine Leistung von 29 kWp. Damit konnten wir im Jahr 2021 23.914 kWh und im Jahr 2022 25.500 kWh Strom „ernten“. Somit produzieren wir etwa 4 – 5 mal mehr Strom, als wir für Haushalts- und Wärmestrom benötigen. Natürlich war unser Anspruch, möglichst viel vom produzierten Strom selbst zu verbrauchen und möglichst wenig einzuspeisen. Deshalb wurde eine Batterie installiert, damit der nachts benötigte Strom nicht aus dem Netz bezogen werden muss. Durch die Anlage gelingt es uns, bis auf zwei Monate im Jahr grundsätzlich ohne Strom aus dem Netz auszukommen.

Nicht jede Idee rechnet sich im ersten Anlauf

Anfang 2021 überlegten wir dann, ob es sinnvoll ist, die Gas-Heizung gegen eine Wärmepumpe auszutauschen. Die Heizung lief zwar einwandfrei und war mit zehn Jahren auch bei weitem nicht ersatzbedürftig. Unser Ziel war aber, möglichst wenig CO2 zu verbrauchen und unseren großen Stromüberschuss auch zum Heizen und zur Warmwasser-Erzeugung zu verwenden.
Wir haben uns dann ein Angebot für eine Wärmepumpe erstellen lassen. Der komplette Austausch sollte rund 25.000 Euro kosten. Nach Abzug der BAFA-Prämie wäre ein Aufwand von etwa 15.000 Euro übriggeblieben. Bei den erwähnten Gaskosten von 1.360 Euro pro Jahr ergab sich eine Amortisationszeit von über elf Jahren. Das war uns zu lange. Wir entschieden uns deshalb gegen einen Austausch.

Die Zeiten ändern sich und erfordern ein Umdenken

Im letzten Jahr änderten sich die Rahmenbedingungen wegen des enormen Gaspreis-Anstiegs jedoch grundsätzlich. Wir gehen ebenfalls davon aus, dass der Preis für den Ausstoß von CO2 zukünftig noch weiter steigen wird, selbst wenn der Gaspreis aufgrund des staatlichen Markteingriffs zwischendurch wieder etwas sinkt. Auch die hohe Inflation hat uns motiviert, das Heizsystem zu wechseln.
Nach intensiver Recherche entschieden wir uns für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Brauchwasserspeicher und Pufferspeicher. Die Wärmepumpe läuft tagsüber kontinuierlich mit niedriger Temperatur und speist den Pufferspeicher, der als zusätzliche Batterie fungiert und das Haus je nach Wärmebedarf bedient. Der Pufferspeicher wäre nicht zwingend notwendig gewesen, verbessert aber insgesamt die Effizienz der Anlage.

Der Preis der Anlage und die Förderung haben sich gegenüber dem Angebot von 2021 nicht wesentlich geändert. Erfreulicherweise gab es einen technischen Fortschritt bei der Wärmepumpe und unsere Röhrenradiatoren waren nach der Wärmebedarfsberechnung kompatibel und mussten nicht ausgetauscht werden.

Optimale Abstimmung der Anlagen ist der letzte Schritt zur Autarkie

Wärmepumpen haben eine hohe Effizienz. Sie können aus einer Kilowattstunde Strom 3 – 5 kWh Wärme erzeugen. Besonders effizient sind sie, wenn sie mit einer niedrigen Vorlauftemperatur betrieben werden. Dies wird durch den zwischengeschalteten Pufferspeicher nochmals optimiert. Voraussetzung ist jedoch, dass die PV-Anlage mit der Heizungsanlage „kommunizieren“ kann. Dies wird über eine “SG-ready”-Schnittstelle erreicht. Im Ergebnis können wir unsere Heizung nun weitgehend mit selbst produziertem Strom betreiben.
In den kalten und dunklen Monaten wird dies wahrscheinlich nicht ausreichen. Aber über das ganze Jahr gesehen werden wir weiterhin mehr Energie produzieren, als wir selbst für Komfort-Strom, Wärme und Mobilität benötigen. Je nach Definition könnte man sagen, wir sind autark. Anstelle der früher verbrauchten 19.000 kWh Gas werden wir zukünftig nur noch rund 6.000 kWh Strom (bei einer Effizienz von 3,2) für Wärme und Brauchwasser benötigen. Damit bleibt aus der PV-Jahresernte immer noch gut die Hälfte übrig.

Und die Enkelkinder könnten in Zukunft auch noch profitieren

Es wäre schön, wenn die Energieversorger irgendwann einmal in der Lage wären, diesen „überschüssigen“ Strom als Guthaben zu speichern oder an Familienangehörige zu übertragen. Das wäre ein rein abrechnungstechnischer Vorgang, der die die Motivation für eine solche Investition zusätzlich erhöhen würde.

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