Volkswirtschaft Prognosen Dezember 2022
Frankfurt, 12. Dezember 2022
Zinsen: Höher für längere Zeit
Das Jahr 2022 hat unerwartete und schmerzhafte Kursverluste bei den meisten Wertpapieranlagen gebracht. Aber immerhin, das Schlimmste bezüglich der Reaktionen der Kapitalmärkte auf die aggressiven Zinserhöhungen der Notenbanken liegt wohl hinter uns. In den vergangenen Wochen herrschte an den Finanzmärkten die Meinung vor, dass bald Schluss sein würde mit der geldpolitischen Straffung. Ja, man ging sogar davon aus, dass die Inflationsberuhigung in absehbarer Zeit Leitzinssenkungen ermöglichen könnte. Die Aktien- und Rentenmärkte zeigten sich von ihrer freundlichen Seite.
Zu früh für eine Entwarnung
Diese Einschätzung können die Volkswirte der DekaBank nicht uneingeschränkt teilen. Ob wir in den kommenden beiden Jahren an den Wertpapiermärkten Freude haben werden, hängt maßgeblich von der erfolgreichen Verringerung der aktuell noch viel zu hohen Inflationsraten ab. Die Notenbanken haben hier das Heft des Handelns in die Hand genommen und unmissverständlich klargemacht, dass sie alles tun werden, damit die Inflationsraten in den Bereich der Notenbankziele zurückkehren.
In diesem Umfeld gibt es viele Unwägbarkeiten. Die hohen Inflationsraten sowie die gestiegenen Zinsen sind Quellen großer Unsicherheit bei den privaten Haushalten und bei den Unternehmen. Die Konsumgewohnheiten und der Energieverbrauch stehen unter Beobachtung, und die Geschäftsmodelle mancher Unternehmen werden von links auf rechts gedreht.
Zielkonflikt zwischen Geld- und Fiskalpolitik
Die notwendige und positiv zu wertende Veränderungsbereitschaft könnte allerdings von der Finanz- und der Lohnpolitik ausgebremst werden, wenn diese die Belastungen durch die hohen Energiepreise im Besonderen und die hohen Inflationsraten im Allgemeinen zu sehr abfedern. Was auf den ersten Blick sehr verständlich und sinnvoll erscheint, läuft auf einen Konflikt mit den Notenbanken hinaus. Denn die staatliche Stützung der Kaufkraft der privaten Haushalte wirkt letztlich preissteigernd, und zwar auf breiter Basis. Auch die Europäische Zentralbank wird in den kommenden Monaten verstärkt darauf hinweisen müssen, dass die rückläufige Gesamtinflationsrate dank nachlassender Energiepreise erfreulich ist, aber nicht ausreicht, um die restriktive Geldpolitik bald wieder aufzugeben. Kurzum, je harziger der binnenwirtschaftliche Inflationsprozess bleibt, umso weiter steigen die Leitzinsen und umso länger bleiben sie bremsend. Die Volatilität an den Kapitalmärkten wird ungewöhnlich hoch bleiben, denn das Risiko wirtschaftspolitischer Fehler in diesen turbulenten Zeiten ist nennenswert. Immerhin bieten Rentenpapiere schon jetzt wieder auskömmliche Kupons, und die Aktienmärkte sind von Überbewertungen weitgehend befreit.
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