„Probleme lösen und Rendite anstreben“
Nachhaltigkeit bei der Geldanlage hat viele Facetten. Eine davon: Impact Investing. Patrick Jahnke, Manager des neuen Fonds Deka-Nachhaltigkeit Impact Aktien, erklärt, was die Welt und Anleger davon haben.
Herr Jahnke, die Klimadebatte ist in Zeiten der Corona-Pandemie anscheinend in den Hintergrund gerückt. Hat nachhaltiges Wirtschaften an Bedeutung verloren?
In der Tat konnte man befürchten, dass die Unternehmen ihr Geld in Pandemiezeiten anders einsetzen und Nachhaltigkeit als eine Art „Luxusproblem“ sehen – aber diese Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet. Wir haben mit vielen Unternehmern gesprochen. Nachhaltigkeit wird von ihnen längst nicht mehr als Kür verstanden, sondern als unternehmerische Pflicht – schon alleine deshalb, weil sie sich rechnet. So will Siemens bis 2030 klimaneutral sein und dafür 100 Millionen Euro in energiesparende Maßnahmen investieren. Dadurch sind Einsparungen von 20 Millionen Euro im Jahr möglich – nach fünf Jahren hat sich das Projekt amortisiert. An solchen Kalkulationen ändert auch das Coronavirus nichts.
Nachhaltige Investments kommen gut an. Das Angebot wächst rasant, oder?
Das stimmt, allerdings ist längst nicht alles auch wirklich nachhaltig, nur weil Nachhaltigkeit draufsteht. In den Vereinigten Staaten beispielsweise werden gemessen an den verwalteten Vermögen gigantische Größen ausgewiesen. Über Nacht sind plötzlich alle Assets nachhaltig geworden.
Was steckt dahinter?
Oft wird beim Vermögensmanagement selektiv nur ein Thema ausgeschlossen – etwa Kinderarbeit oder Streubomben –, und schon wird das Produkt als nachhaltig verkauft. Nach diesen Kriterien fiele aber zum Beispiel nicht ein einziges der 30 Unternehmen aus dem DAX oder der 50 Titel aus dem Euro Stoxx heraus. So ein Ansatz reicht uns bei der Deka nicht. Wir wollen wirklich etwas bewegen und Einfluss nehmen.
Nachhaltigkeit hat bei der Deka Tradition, im Juni wurden mit dem Deka-Nachhaltigkeit Impact Aktien und Deka-Nachhaltigkeit Impact Renten zwei neue Fonds aufgelegt. Wie kam es dazu?
Als Fondsanbieter, der Millionen von Anlegern vertritt, tragen wir eine große Verantwortung – nicht nur für das Kapital der Investoren, sondern auch dafür, in welche Richtung sich die Wirtschaft bewegt. In vielen Teilen der Welt leiden Menschen unter Armut und Hunger, es fehlt der Zugang zu sauberem Trinkwasser, zu medizinischer Versorgung und Bildung. Wir beschäftigen uns bei der Deka schon lange mit der Frage, wie wir unserer Verantwortung hier noch besser gerecht werden können. Beim Impact Investing soll das investierte Geld direkt und unmittelbar dazu beitragen, Probleme zu lösen.
Wissen auch die Privatanleger, was sich mit der Geldanlage Positives bewirken lässt?
Das ist eine spannende Frage. Tatsächlich ist es so, dass Verbraucher ganz selbstverständlich regionale, fair gehandelte oder Bioprodukte kaufen und damit an der Ladenkasse abstimmen. Bei der Geldanlage ist das Bewusstsein für die Macht, die man als Käufer oder Investor hat, dagegen noch nicht stark ausgeprägt. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Deutsche bei Aktien ja traditionell oft noch zurückhaltend sind. Aber hier hat sich schon einiges verändert, seit es keine Zinsen mehr gibt. Aus Mangel an Alternativen haben viele Sparer inzwischen damit begonnen, sich auch mit Aktien zu beschäftigen und so ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie stark die Lenkungsfunktion des Geldes ist. Rückenwind für nachhaltige Investments hat sicherlich auch die Fridays-for-Future-Bewegung gegeben.
Was zeichnet die neuen Impact-Fonds aus, was unterscheidet sie von den klassischen Nachhaltigkeits-Fonds?
Impact Investing ist, wenn Sie so wollen, die dritte Generation im Bereich Nachhaltigkeit. In der ersten ging es vor allem darum, negative Effekte bei der Geldanlage zu vermeiden. Die bessere Datenlage ermöglichte es später dann, aus einer ganzen Reihe von Anbietern die Unternehmen herauszufiltern, die bestimmte Kriterien am besten erfüllen – das ist der sogenannte Best-in- Class-Ansatz. Dieser klassische Nachhaltigkeitsansatz der zweiten Generation prüft, welchen Fußabdruck ein Unternehmen gemessen an den Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung hinterlässt.
Reichen diese Nachhaltigkeitsansätze denn nicht aus?
Die ersten beiden Generationen der Nachhaltigkeit haben absolut ihre Berechtigung. Aber wir gehen jetzt einen Schritt weiter und zielen auf Problemlösungen. Anders als beim Ausschluss bestimmter Themen geht es beim Impact Investing nicht um Verbote – etwa: „Iss kein Fleisch“, „Fahr kein Auto“ oder „Flieg nicht in den Urlaub“. Vielmehr geht es darum, Alternativen zu entwickeln: Welche Antriebe sichern Mobilität, ohne die Umwelt zu belasten? Es geht damit nicht mehr um den Fußabdruck eines Unternehmens, sondern wir bewerten die Wirkung – den Impact – der Produkte eines Unternehmens. Die Suche nach geeigneten Investments für den Deka-Nachhaltigkeit Impact Aktien beginnt deshalb in der Regel beim Problem. Dann versuchen wir, eine logische Kette zwischen Problem und Lösung herzustellen.
Können Sie uns dafür Beispiele nennen?
Nehmen wir das Beispiel PET-Flaschen: Plastikmüll zerstört die Meere. Die norwegische Aktiengesellschaft Tomra produziert Anlagen, die PET-Flaschen zerquetschen. Das kanadische Unternehmen Loop Industries wiederum stellt aus diesem recycelten Material neue Flaschen her. Verträge mit Coca-Cola, Nestlé und anderen namhaften Lebensmittelherstellern sind bereits unterschrieben. Ein weiteres spannendes Beispiel ist die Mobilität: Wie lässt sich der CO2-Ausstoß reduzieren, ohne die Mobilität der Menschen einzuschränken? Das Investmentthema wird dann auf mehreren Ebenen gesplittet. Welche Fortbewegungsmittel gibt es, welche Antriebsarten, wer sind die Akteure und Zulieferer? So kommen wir dann zum Beispiel beim Elektroauto auf Johnson Matthey oder Samsung SDI, die beide Batterietechnologie produzieren, oder auf Wasserstoff und Unternehmen wie Nikola Motors, die LKW mit Wasserstoffantrieb entwickeln.
Auf welche Weise lassen sich denn soziale Themen mithilfe von Investments umsetzen?
Das ist sicherlich am schwierigsten, in diesem Fall muss man bisweilen um die Ecke denken. Die in Großbritannien ansässige Helios Towers beispielsweise ist ein Telekommunikationsunternehmen, das in verschiedenen afrikanischen Ländern rund 7.000 Sendemasten betreibt und damit die Infrastruktur für einen Internetzugang liefert. Eine sehr gute Netzabdeckung ist nicht nur für die Informationsbeschaffung nötig, in Afrika werden auch Überweisungen überwiegend per Mobiltelefon abgewickelt. Helios Towers liefert die Infrastruktur, die für das Banking nötig ist. Mit einem Investment in das Unternehmen streben wir an, die Teilhabe an Finanzdienstleistungen zu ermöglichen.
Wenn eine Aktie den Besitzer wechselt, hat das ja nicht automatisch Einfluss auf das Unternehmen. Wo ist da der Impact gegeben?
Ursprünglich wurde der Begriff Impact Investing tatsächlich für die Finanzierung von Projekten in Entwicklungsländern genutzt – da ging es beispielsweise darum, Kleinbauern mit Krediten etwa für Saatgut oder Maschinen die Existenz zu sichern. Nach unserer Einschätzung gibt es aber einen Impact auch über Aktien-Investments – und zwar gleich auf dreierlei Weise: Erstens können wir als Aktionäre aktiv Einfluss auf die Unternehmen nehmen, zweitens beteiligen wir uns an Börsengängen und Kapitalerhöhungen, sodass wir den Problemlösern frisches Geld zur Verfügung stellen. Und drittens hat auch ein steigender Aktienkurs eine Wirkung: Ein gut bewertetes Unternehmen ist attraktiver, und Aktien sind die Währung von Unternehmen – beispielsweise auch, um Übernahmen zu finanzieren.
Wie riskant ist Impact Investing?
Wie bei jedem Aktienfonds sind auch beim Deka-Nachhaltigkeit Impact Aktien Wertschwankungen etwas Normales – es geht also nicht immer nur aufwärts mit dem Kurs. Mit 80 bis 100 Aktien im Fondsportfolio sind wir breit aufgestellt, investieren global und setzen sowohl auf stabile Blue Chips – also auf große, etablierte Unternehmen – als auch auf wachstumsstarke Nebenwerte. Alle Unternehmen müssen zunächst einen erheblichen Umsatzanteil mit Produkten erzielen, die auf eines der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nation einzahlen. Anschließend folgt die Finanzanalyse: Wir achten auf gesunde Bilanzen, geringe Verschuldung und hohes Wachstumspotenzial. Mit diesem Ansatz können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Probleme lösen und Rendite anstreben.
DIE ZAHL 18,3
2019 haben Privatanleger in Deutschland 18,3 Milliarden Euro in nachhaltige Geldanlagen investiert. Im Jahr zuvor waren es noch 9,3 Milliarden Euro. Das geht aus dem neuen Marktbericht des Verbands Forum Nachhaltige Geldanlagen hervor. Insgesamt waren Ende letzten Jahres in Deutschland 269 Milliarden Euro in nachhaltige Finanzprodukte angelegt. Als Grund für den Boom nennt der Verband ein gesteigertes Klima- und Umweltbewusstsein, aber auch mehr Presseberichte über diese Anlageform.
Nachhaltigkeit und Rendite müssen kein Widerspruch sein.
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