LOW-HANGING FRUITS

veröffentlicht am 23. November 2023

In der letzten Kolumne haben wir eine hocheffektive Null-Euro-Maßnahme kennengelernt. Die Heizungsoptimierung. Das ist eine klassische Maßnahme, die unter die Low-Hanging-Fruits fällt. Als Low-Hanging-Fruits (niedrig hängende Früchte) bezeichnet man die Maßnahmen, die mit wenig Aufwand umgesetzt werden können. Beim Apfelbaum kommt man an den Teil der Früchte, die am Ende der tiefhängenden Äste und Zweige hängen so leicht ran, dass man sie einfach nur im Vorbeigehen pflücken kann. Wogegen man für die Äpfel, die im oberen Teil der Baumkrone hängen einen deutlich höheren Aufwand betreiben muss.

So ähnlich ist das auch bei den energetischen Maßnahmen. Für viele von Ihnen muss man sich mächtig anstrengen und viel Geld ausgeben. Das gilt aber nicht für alle. Denn auch bei den Energiesparmaßnahmen gibt es Low-Hanging-Fruits. Maßnahmen also, für die man weder einen großen Aufwand betreiben noch viel Geld ausgeben muss. Und mit ein paar davon möchte ich Euch heute bekannt machen.

Etwas günstiger, aber noch nicht low-hanging: Balkonkraftwerke

Beginnen möchte ich mit einer Maßnahme, von der Ihr sicher schon was gehört habt. Seit ungefähr einem Jahr erfreuen sich die sogenannten Balkonkraftwerke, auch Steckdosenmodule einer schnell wachsenden Beliebtheit. Balkonkraftwerke sind eigentlich nichts anderes als ganz normale Photovoltaik-Module, mit einem entscheidenden Unterschied. Während man herkömmliche Photovoltaikanlagen aufwändig ans Stromnetz anschließen oder mit großen Speichern ausstatten muss, werden die Steckdosenmodule einfach Richtung Sonne aufgestellt und in eine vorhandene Steckdose gesteckt, fertig.

Balkonkraftwerke können auch auf der Terrasse oder im Garten stehen. Wer sich die Montage bzw. das Aufstellen der Module selbst zutraut, braucht nicht mal einen Handwerker. Aufstellen, Stecker rein und man ist Stromproduzent. Einfacher geht es nicht. Wenn die Module ausreichend Sonne abbekommen, kann das die Stromrechnung im Jahresverlauf durchaus um rund 600 Kilowattstunden reduzieren. In der Regel rentiert sich so ein Balkonkraftwerk innerhalb von wenigen Jahren und kann auch wirtschaftlich durchaus empfohlen werden. Bei Kosten von bis zu 1.000 € kann man allerdings noch nicht von einer Low-Hanging-Fruit sprechen. Die kommen erst jetzt.

Sparbrausen: ein echt günstiger Geheimtrick

Beginnen möchte ich mit einer Maßnahme, die ich in der Vergangenheit ehrlicherweise selbst eher belächelt habe. Bei dieser Maßnahme handelt sich um die sogenannten Sparbrausen. Duschköpfe also, die weniger Wasser als herkömmliche Duschbrausen benötigen. Denn so eine herkömmliche Brause hat meist einen Wasserdurchfluss von rund 12 bis 15 Litern pro Minute. Sparbrausen verbrauchen dagegen deutlich weniger. Die meisten von Ihnen brauchen zwischen fünf und zehn Litern pro Minute. Manche brauchen sogar nur 2 Liter pro Minute, wodurch sich aber die Duschzeit verlängert.

Sehr gute Duschergebnisse ohne Duschzeitverlängerung sind aber schon mit einem Wasserdurchfluss zwischen fünf und sieben Litern möglich. Gegenüber den herkömmlichen Brausen ist das schon eine Reduktion um rund die Hälfte.

Doch jetzt kommt der eigentliche Clou. Denn außer Wasser spart man, wenn man nicht gerade ein Kaltduscher ist, ja auch noch die Energie, die zur Warmwassererwärmung benötigt wird. Selbst bei einer moderaten Nutzung der Dusche ergibt sich so mit einer Sparbrause gegenüber einer Standardbrause in einem Vierpersonenhaushalt eine Energieeinsparung von rund 600 Kilowattstunden im Jahr. Sprich mit einer Sparbrause kann ich in einem Jahr die gleiche Menge Wärmeenergie einsparen, wie ein Balkonkraftwerk im gleichen Zeitraum Strom erzeugt.

Jedoch gibt es zwischen dem Balkonkraftwerk und der Sparbrause einen entscheidenden Unterschied. Das Kraftwerk kostet zwischen 500 und 1.000 € und die Sparbrausen, je nach Bauform und Ausführung, kosten 20 bis 30 €, die ganz günstigen sogar nur zehn. Und da haben wir über die Einsparung des Wassers noch gar nicht gesprochen.

Viele Jahre war ich als Energieberater ja eher mit den großen Dingen beschäftigt. Dachdämmung, Wanddämmung, Fenster- und Heizungsmodernisierung. Das waren die Themen, mit denen ich hauptsächlich beschäftigt war. Die Sparbrause habe ich daher immer ein bisschen als Kleinkram abgetan. Als mir aber bewusst wurde wie große das Einsparpotenzial der Sparbrausen tatsächlich ist, habe ich bei mir zuhause sofort umgerüstet und keiner in der Familie hat es gemerkt. Denn das Duscherlebnis hat sich trotz der geringeren Wassermenge nicht verändert.

Brausen-Test einfach selbst machen, so geht’s:

Wenn Euch das Thema Sparbrause interessiert, dann macht einfach mal den Test und litert eure eigene Brause mal aus. Das geht ganz einfach: Nehmt einen Putzeimer, und füllt ihn mit Eurer Duschbrause für 30 Sekunden mit Wasser. Dann nehmt Ihr die Wassermenge mal zwei und Ihr bekommt den Durchfluss in Litern pro Minute. Liegt das Ergebnis bei 10 Liter pro Minute oder mehr, lohnt ein Umstieg selbst dann, wenn Ihr mehrere Sparbrausen ausprobieren müsst, um die richtige für Euch zu finden. Denn die jährlichen Einsparungen liegen bei deutlich über 100 €. Da kann man eine Menge Sparbrausen für ausprobieren.

Sparbrausen sind daher eine wahrhaftige Low-Hanging-Fruit. Eine weitere dieser Früchte ist die Dämmung von ungedämmten Rohrleitungen im Keller oder sonstigen unbeheizten Räumen. Die dürfte es eigentlich gar nicht geben. Denn seit der Heizanlagenverordnung aus dem Jahr 1978 müssen Rohrleitung für Heizung und Warmwasser gedämmt werden, um deren Wärmeverluste zu reduzieren. Daher dürfte es bei Heizungen, die nach 1978 eingebaut wurden, gar keine ungedämmten Rohre mehr geben.

Ungedämmte Heizungsrohre sind Verlustfaktor

Wer aber den einen oder anderen Heizungsraum kennt, weiß, dass das nur in den wenigsten Fällen gemacht wurde. Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch in Deinem Heizungsraum der eine oder andere ungedämmte Meter Rohrleitung versteckt, extrem groß. Wie das dann aussehen kann, sieht man hier.

Ungedämmte Leitungen, wohin man auch schaut. Und dabei geht über die ungedämmten Rohrleitungen unglaublich viel Wärme verloren. Zum einen, weil die Rohrleitungen die Wärme direkt an die Umgebung strahlen und zum andern auch an die Luft abgeben. Und es kommt noch ein dritter Effekt dazu, der kaum jemandem bekannt ist. Quasi, Geheimwissen.

Denn in vielen Fällen übernimmt so ein Heizkessel ja nicht nur die Erzeugung der Raumwärme, sondern auch die Erwärmung des Warmwassers. Immer, wenn das so ist, steht dann neben oder liegt unter dem Heizkessel noch ein Warmwasserspeicher. Wenn der Heizkessel auch das Trinkwarmwasser macht, dann tut der das nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer. Im Sommerhalbjahr läuft der Heizkessel dann ausschließlich, um das Wasser zum Duschen, Baden usw. warm zu machen.

Und die Warmwasserbereitung funktioniert ungefähr so: Wenn das Wasser im Warmwasser-Speicher abkühlt, bekommt der Kessel das Signal: Jetzt bitte nachheizen und Wärme in den Speicher schieben.

Wenn der Speicher dem Heizkessel nun aber sagt, dass er wieder aufgeladen werden muss, ist der Heizkessel im Sommer in der Zwischenzeit schon komplett abgekühlt, da es ja schon eine Ewigkeit her ist, dass der Speicher das letzte Mal geladen wurde. Das bedeutet, der Heizkessel muss sich nun erst mal wieder selbst aufwärmen, bevor er Wärme in den Speicher laden kann.

Und da die Heizkessel aus Metall sind und Metall genau wie das im Kessel enthaltene Wasser enorm viel Wärme aufnehmen kann, brauchts erst Mal richtig ordentlich viel Öl oder Gas, um den Kessel aufzuheizen, bevor der dann die erste Wärme überhaupt an den Speicher abgeben kann.

Zusätzlicher Wärmeverlust durch Wasseraufheizung

Das bedeutet also, dass nicht nur die Wärme verlorengeht, die über die ungedämmten Rohrleitungen verschwindet, sondern dass wir zusätzliche Wärme brauchen, um den jedes Mal wieder abgekühlten Heizkessel neu aufzuheizen. Und da haben wir über die zusätzlichen Wärmeverluste, die durch den Schornstein verlorengehen, noch gar nicht gesprochen.

Und genau diese an unterschiedlichsten Stellen verursachten Wärmeverluste sind der Grund dafür, warum eine nachträgliche Rohrleitungsdämmung, insbesondere der Warmwasserleitungen einen so enorm großen Einspareffekt hat. Dämmt man zehn Meter Rohrleitung, spart man rund 600 Kilowattstunden im Jahr. Genau so viel wie ein Balkonkraftwerk im Jahr Strom erzeugt. Nur kostet die Rohrleitungsdämmung 25 € und keine 500 oder 1000. Dadurch ist die Rohrleitungsdämmung eine wirklich coole Sache. Und das im doppelten Wortsinn.

Tatsächlich gibt es noch weitaus mehr Low-Hanging-Fruits unter den Energiesparmaßnahmen. Wenn Ihr Euch dafür interessiert, schaut gerne in meinen YouTube-Kanal oder auch in mein Buch „Alles, was Sie über Energiesparen wissen müssen“.

Das nächst Mal geht es nicht um Energiespar-Maßnahmen, sondern um einen Energiesparmythos. Und zwar möchte ich mit Euch die Frage klären, ob man dicke Wände überhaupt dämmen muss. Ich sage nur eins: Es wird spannend!

Euer Carsten
ENERGIESPARKOMMISSAR

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




Enter Captcha Here :