Kolumne Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank: Freundlicher Start

Kolumne Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank: Freundlicher Start

 

Freundlicher Start

Frankfurt, 06. Januar 2023

Das neue Aktienmarktjahr ist freundlich gestartet, der Dax stieg innerhalb der ersten Börsenwoche um gut drei Prozent an. Leider leiden alle Börsenregeln, die aus den ersten Handelstagen des Jahres Aussagen für das gesamte Jahr treffen, unter dem Schicksal, das für die meisten saisonalen Börsenregeln gilt: Sie stimmen nicht. Es mag sein, dass die Stimmung noch eine Weile lang freundlich bleibt, denn die europäischen Inflationsdaten für den Dezember boten eine positive Überraschung. Viele Marktteilnehmer setzen darauf, dass die Notenbanken bei sinkenden Inflationsraten die Zinsen nicht mehr sehr stark erhöhen, sondern sie im Gegenteil bald wieder senken werden. Dies könnte sich jedoch als Milchmädchenrechnung erweisen. Die Gaspreisbremse hat der Inflation in Deutschland erst mal nur ein Zwischentief beschert. Im Januar wird es zunächst wieder nach oben gehen, bevor die Inflationsraten dann ab März deutlich fallen werden. Mehr und mehr geht es aber nicht mehr darum, ob die Inflationsrate überhaupt wieder sinkt, sondern wie stark sie zurückgeht. Die Notenbanken diesseits und jenseits des Atlantiks haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass mit wieder niedrigeren Inflationszahlen nicht sogleich wieder zur Tagesordnung von Nullzinsen übergegangen werden kann. Denn es reicht nicht, dass die Inflation wieder einstellig wird. Solange das Ziel von zwei Prozent Preissteigerung nicht absehbar erreicht ist, werden die Zentralbanken zurückhaltend bleiben beim Lockern der geldpolitischen Zügel. Mittelfristig sind die Ausgangsbedingungen für die Aktienmärkte trotzdem nicht schlecht: Selbst nach den Zinserhöhungen bleibt das Zinsumfeld moderat. Rückläufige Inflationsraten und eine moderate Konjunkturerholung bilden den Stoff, aus dem eine Kurserholung gemacht ist, wenngleich auch unter größeren Schwankungen.

In der zweiten Handelswoche des neuen Jahres stehen Daten aus Deutschland im Vordergrund. Die Produktion im deutschen produzierenden Gewerbe dürfte im November geringfügig zugelegt haben. Das ist eine sensationell gute Nachricht angesichts der derzeitigen enormen Belastungen. Die deutsche Volkswirtschaft schlägt sich bislang erstaunlich wacker. Ende der Woche werden dann die Wachstumszahlen für das vierte Quartal gemeldet. Hier zeigt sich, ob die Energiekrise tatsächlich zu einem Einbruch in Deutschland geführt hat, oder ob die Rezession gar abgesagt werden muss. Einen weiteren Impuls könnten die Finanzmärkte durch die Inflationszahlen aus den USA erhalten: Eine Inflationsenttäuschung kann die Börsenerholung schnell wieder unterbrechen.

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