INVESTIEREN IN DAS RÜCKGRAT DER WIRTSCHAFT

In den USA und vielen europäischen Ländern sind Brücken, Straßen und Schienen marode. Gleichzeitig müssen Stromnetze und Datenleitungen ausgebaut werden, um Digitalisierung und Energiewende voran-zutreiben. Deka-Fondsmanager Karsten Schrader zeigt auf, welche Bereiche er beim Thema Infrastruktur für aussichtsreich hält.
Hand in Hand drückten Mitte September die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker am Grenzübergang auf dem Brennerpass symbolträchtig den roten Knopf – das Startsignal für den Durchstich eines Erkundungstunnels, der rund zwei Kilometer tiefer liegt. Die Verbindung gilt als technische Voraussetzung für die Errichtung des Brennerbasistunnels. In sieben Jahren sollen planmäßig die ersten Züge mit Passagieren – vor allem aber mit Fracht – durch die neue Röhre rollen und im Rekordtempo die Alpen unterqueren. Damit werden dann Tausende Lkw-Kilometer eingespart.
Den Bau werden unter anderem die Unternehmen Webuild und Strabag realisieren. Karsten Schrader hat die Aktien der beiden Baukonzerne auf dem Schirm. Der Manager des Fonds Deka- Infrastruktur Aktien ist weltweit auf der Suche nach Unternehmen, die im Bereich Infrastruktur tätig sind und von der nun anstehenden Investitionswelle profitieren könnten. „Belastbare Verkehrs- und Energiesysteme sind eine unverzichtbare Basis für eine wachsende Wirtschaft und ein gesellschaftliches Miteinander“, sagt Schrader. „Viele Regierungen haben jedoch die Erhaltung der eigenen Infrastruktur in den vergangenen Jahren vernachlässigt. Diesen Investitionsstau müssen sie jetzt angehen. Weltweit steigen die Investitionen in Infrastrukturprojekte deutlich an, was dem Sektor enorme Wachstumschancen eröffnet.“
VERKEHRSSEKTOR HAT SANIERUNGSBEDARF
In Deutschland steht beispielsweise in den kommenden Jahren ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten und Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung. Und dieses Geld wird auch dringend benötigt: In der größten Volkswirtschaft der Europäischen Union wird allein im Verkehrssektor nach Schätzungen des Deutschen Verkehrsforums (DVF) bis 2030 ein Investitionsbedarf von rund 250 Milliarden Euro erwartet. Auch die Stromnetze müssen massiv angepasst und erweitert werden – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) sind jährliche Investitionen von etwa 450 Milliarden US-Dollar erforderlich, um den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix zu erhöhen und die durch neue Verbrauchsmuster, etwa durch Rechenzentren, Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge, entstehende Nachfrage zu decken.
„Maßnahmen, die die Infrastruktur betreffen, sind keine kurzfristigen Investitionen oder Trends“, betont Schrader. „Hier handelt es sich um eine sehr langfristig ausgerichtete Transformation vieler Länder weltweit. Dieser Superzyklus bei der Infrastruktur führt gerade jetzt zu Investitionschancen, die vergleichsweise stabile Erträge abwerfen.“ Das Geschäftsmodell vieler Infrastrukturbetreiber ist zwar durch eine hohe Kapitalintensität gekennzeichnet. Dafür verfügen sie oft über natürliche Monopole, beispielsweise im Bereich der Stromnetze in Deutschland. Aufgrund ihrer großen Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft unterliegen die Betreiber dabei häufig einer staatlichen Regulierung. Die Behörden geben zum Teil Eigenkapitalrenditen vor und setzen damit Investitionsanreize. „Für die Unternehmen, in die wir investieren, bedeutet das eine hohe Planungssicherheit, zusätzlich unterstützt durch teils lang laufende Konzessionen“, erläutert Schrader. Aufgrund dieser Besonderheiten gelten die Aktien von Infrastrukturbetreibern als defensiv und vergleichsweise unabhängig von konjunkturellen Schwankungen oder beispielsweise Handelskonflikten. Dieser defensive Charakter trifft nun auf massive öffentliche Fiskalprogramme, einen Abbau von Bürokratie sowie weltweit investitionsfreundlichere Rahmenbedingungen.
Hinzu kommt, dass die Wertentwicklung von Infrastrukturaktien gegenüber der weltweiten Aktienmarktentwicklung, insbesondere während der Corona-Phase, zurückgeblieben ist. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis globaler Infrastrukturaktien auf Basis aktueller Gewinnschätzungen sieht daher im Vergleich zum MSCI-Weltindex attraktiv aus.
AUF VIER THEMENFELDER FOKUSSIERT
Um im großen Kosmos der Infrastruktur nicht die Orientierung zu verlieren, fokussiert sich Schrader auf vier Themenfelder. Den derzeit größten Bereich des Fondsportfolios stellt der Bereich dar, den er unter dem Oberbegriff „Energie & Versorger“ zusammenfasst. Dazu zählen beispielsweise Stromnetzbetreiber, Inhaber von Pipelines und Flüssiggasterminals sowie Unternehmen aus den Bereichen Wasserversorgung und Abfallwirtschaft. Schrader begründet die Übergewichtung dieses Bereichs im Portfolio wie folgt: „Mit Blick auf die enormen Herausforderungen wie der steigenden Stromnachfrage über Rechenzentren und Dekarbonisierung oder aber der Versorgungssicherheit in Zeiten geopolitischer Spannungen sehen wir in diesem Bereich derzeit die größte Dynamik.“ Ein klassisches Beispielunternehmen aus diesem Bereich ist E.ON. Für Schrader nimmt der deutsche Stromverteilnetzbetreiber vor allem in Deutschland eine zentrale Rolle bei der Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung ein.
Ein zweites großes Themenfeld im Deka-Infrastruktur Aktien ist „Transport-Infrastruktur“. Dabei setzt Schrader auf Unternehmen, die von der Instandhaltung und dem Ausbau der Straßen- und Schienennetze sowie der Luft- und Wasserwege profitieren. „Diese Netze sind das Rückgrat einer Volkswirtschaft“, hebt er hervor. Das haben nach seinen Beobachtungen viele Regierungen rund um den Globus erkannt und gehen den bestehenden Sanierungsbedarf – in Deutschland etwa bei vielen maroden Brücken – mit Investitionen an. Alternativ setzen sie Anreize, damit die teils privaten Inhaber dieser Infrastruktur in den kommenden Jahren stärker investieren.
Im Bereich „Kommunikation“ investiert der Fondsmanager unter anderem in Unternehmen, die vom Ausbau der digitalen Dateninfrastruktur profitieren, beispielsweise weil sie Rechenzentren mit aufbauen oder Telekommunikationsnetze betreiben.

Deka-Infrastruktur Aktien: Fondsmanager Karsten Schrader investiert in Unternehmen, die den Ausbau und Betrieb von Infrastruktur vorantreiben.
„Während uns der Ausbau der Glasfasernetze noch über viele Jahre hinweg begleiten wird, steigen die Anforderungen an die mobile Kommunikationsinfrastruktur kontinuierlich an“, sagt Schrader. „Steigende Datenmengen, verändertes Nutzerverhalten sowie perspektivisch das autonome Fahren und Smart Cities – um nur einige der Themen zu nennen – sind Treiber dieser Entwicklung. Im globalen Kontext stellt die Bewältigung dieser Herausforderungen einen essenziellen Wettbewerbsfaktor dar.“ Ein Unternehmen, das Schrader dabei im Blick hat, ist American Tower. Das US-Unternehmen zählt zu den weltweit größten Anbietern von Mobilfunk- und Kommunikationsinfrastruktur. Es betreibt mehr als 148.000 Standorte in 22 Ländern.
INFRASTRUKTUR BREITER DENKEN
Das derzeit kleinste Themenfeld im Portfolio des Fonds sind die „Wegbereiter/Möglichmacher“. Dazu zählen Unternehmen, die direkt oder indirekt am Bau von Infrastrukturprojekten beteiligt sind. Das Spektrum reicht von Planungsbüros über reine Bauunternehmen bis hin zu Kabel- und Turbinenherstellern. „In einer sich ständig weiterentwickelnden Welt denken wir Infrastruktur als Themenfeld breiter, als es traditionell der Fall ist“, so Schrader. Dabei verliert er die Charakteristika von Infrastrukturbetreibern und das gewünschte defensive Profil des Fonds nicht aus dem Blick. „Allerdings verschließen wir unsere Augen nicht vor der Investitionsdynamik, die wir derzeit vonseiten öffentlicher und privater Investitionen in diesem Bereich sehen“, sagt der Fondsmanager. „Dementsprechend mischen wir diese zyklischeren Unternehmen opportunistisch bei, um direkt von einem Anstieg öffentlicher Ausgaben sowie der verbesserten Dynamik auf Seiten der Infrastrukturbetreiber zu profitieren.“
Quelle: fondsmagazin
Schreibe einen Kommentar