„GEN Z FORDERT KONSUMBRANCHE HERAUS“

Mehr Wellness, gesündere Ernährung, mehr Einkaufserlebnis – die Ansprüche vor allem junger Menschen an die moderne Konsumwelt verändern sich. Wie sich Unternehmen darauf einstellen und worauf sie bei ihren Anlageentscheidungen achtet, erklärt Jasmin Wolfram, Fondsmanagerin des Deka-Lifestyle, im Interview.
Das Interview führte Thomas Luther
Frau Wolfram, der Begriff Lifestyle wird häufig etwas schwammig und universell gebraucht. Was verstehen Sie als Fondsmanagerin darunter?
Das ist zugegebenermaßen ein dehnbarer Begriff, der viele Lebensbereiche nur lose definiert. Wir als Deka-Team verstehen darunter eine Reihe von konkreten Themen und Aspekten, die jeden von uns im Alltag begleiten – Konsumgewohnheiten und Erwartungen zum Beispiel, die das Kaufverhalten der Menschen beeinflussen. Um dies besser bündeln und einordnen zu können, haben wir für uns vier Themenblöcke identifiziert: Individualität und Konsum, Digitale Medien, Konnektivität sowie Gesundheit und Wellness. Wir gehen davon aus, dass in diesen vier Bereichen in den vergangenen Jahren ein umfassender Transformationsprozess eingesetzt hat, der sich in Zukunft unvermindert fortsetzen wird.
Den Sie als Fondsmanagerin nutzen möchten?
Ja, daraus ergeben sich potenziell interessante Anlageideen. Die Frage ist: Welche Unternehmen können sich in dieser Phase mit ihren Produkten und Dienstleistungen so am Markt positionieren, dass sie von den veränderten Konsumtrends profitieren und mehr Umsatz generieren? Genau nach diesen Firmen suchen wir.
Nehmen wir einen Bereich, den Sie genannt haben: Konsum und Individualisierung. Können Sie ein Beispiel für ein Unternehmen nennen, das hier eine interessante Strategie verfolgt?
Natürlich. Die Individualisierung ist gerade bei den jüngeren Käuferinnen und Käufern viel ausgeprägter als bei früheren Generationen. Es gibt sehr spannende Unternehmen, die diesen Trend gut adressieren. In den USA zum Beispiel SharkNinja. Das Unternehmen ist sehr innovativ und dominiert den Massenmarkt für Haushaltskleingeräte. Es konzentriert sich bewusst auf die Bedürfnisse und Ansprüche der jüngeren Generationen, indem es neben klassischen Kanälen wie TV-Werbung verstärkt Social Media für sein Marketing nutzt. Dies treibt das Wachstum voran. Im abgelaufenen Geschäftsjahr dürfte der Umsatz im Vergleich zu 2023 um mehr als 25 Prozent gestiegen sein. Das Geschäftsmodell setzt auf Innovation auf Basis von Kundenfeedback und Schnelligkeit in der Umsetzung von der Produktidee bis zur Markteinführung. Allein in den letzten drei Jahren hat SharkNinja 16 neue Produktkategorien in sein Portfolio aufgenommen und will jährlich 25 neue Produkte auf den Markt bringen. Und das zu einem Preis, der auch für die jüngere Käufergruppe erschwinglich ist.
Wird der Lebensstil mehr als bisher zum Unterscheidungsmerkmal zwischen den Generationen?
Dieser Trend ist klar erkennbar. Von der Dynamik her handelt es sich eher um eine Transformation als um einen Umbruch. Die Veränderung von Lebensgewohnheiten und Lebensstilen geschieht nicht von heute auf morgen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und dementsprechend braucht die Gruppe der Konsumentinnen und Konsumenten als Ganzes tendenziell lange, um eine spürbare Verhaltensänderung zu zeigen. Obwohl nachhaltige und gesunde Ernährung schon lange im Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher verankert ist, hat das den weltweiten Absatz von Bio-Lebensmitteln bis in die 2010er-Jahre hinein kaum angekurbelt. Erst in den vergangenen Jahren hat es plötzlich einen großen Wachstumsschub gegeben, was auch darauf zurückzuführen ist, dass jüngere Käufergruppen aus der Generation Z zunehmend kaufkräftig werden. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass für sie Premiumprodukte und traditionelle Luxusgüterhersteller kein No-Go sind. Ich nenne als Beispiel mal den Hype um die Dubai-Schokolade. Trotz Preisen von bis zu 15 Euro pro Tafel wird sie auch oder gerade von der jüngeren Generation hierzulande gekauft. Das Phänomen hat zugegebenermaßen anekdotische Evidenz. Aber es zeigt, dass auch trotz schmalerem Budget Kaufbereitschaft für das Thema Luxus vorhanden ist.
Der Schritt von Konsum und Individualität zum Thema Wellness und Gesundheit scheint nicht weit zu sein. Das Thema Ernährung spielt dabei eine große Rolle. Wie sehen Sie einzelne Unternehmen unter diesem Aspekt?
Die Ernährungsgewohnheiten gerade der Jüngeren verändern sich sehr stark. Veganismus ist auf dem Vormarsch. Ich erinnere an den Hype an der Börse vor einiger Zeit mit Beyond Meat. Das Momentum in diese Richtung hat sich extrem entwickelt. Mittlerweile ist es normal, dass es im Supermarkt ein Regal mit veganen Produkten gibt. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Allein der deutsche Lebensmittelhandel hat 2024 mit dem Verkauf von Lebensmitteln in Bio-Qualität rund 16,08 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Dies entspricht einem Zuwachs von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein anderer Bereich sind Nahrungsergänzungsmittel und Proteinpulver. Auch da entsteht ein Massenmarkt. Eine internationale Consumer-Studie von NIQ/GfK aus dem Oktober vergangenen Jahres kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als jeder zweite Befragte in den sechs Monaten zuvor gesundheitsorientierte Produkte gekauft hat. Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamintabletten oder Proteinprodukte hatten dabei den größten Anteil. Das alles sind Themen, an denen wir sehr nah dran sind, weil sie wirklich immer wichtiger werden.
Wie verhalten sich die großen Lebensmittelkonzerne in dieser Situation? Sie werden doch nicht tatenlos zusehen, wie die Kleinen ihnen Marktanteile abjagen, oder?
Wir beobachten, dass die Konzerne massiv in eigene Innovationen investieren und dafür ihre Forschungs- und Entwicklungs-ressourcen in die Waagschale werfen. Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé zum Beispiel hat im ersten Halbjahr 2024 seine Forschungs- und Entwicklungs-ausgaben um 10 Prozent erhöht. Wir sehen in der Konsumbranche aber auch Zukäufe. Die Übernahme des Pringles-Herstellers Kellanova durch Mars für 36 Milliarden US-Dollar war eine der größten des vergangenen Jahres. Aus solchen Entwicklungen können sich grundsätzlich interessante Investmentsituationen ergeben.
Welche Rolle spielen technische Bereiche wie Konnektivität und Digitalisierung?
Sie sind die Fortsetzung des Lifestyles in vielen Bereichen. Angehörige der Gen Z und Millennials sind technisch versierter und in dieser Hinsicht anspruchsvoller als andere Generationen, weil sie mit Internet und Smartphone groß geworden sind. Darauf müssen Unternehmen eingehen, wenn sie bei dieser Generation zu einer Love Brand werden wollen. Apple zum Beispiel agiert im Bereich Konnektivität sehr geschickt, indem es die Apple Watch und auch das Apple-fremde Wearable Fitbit in das iPhone integriert. Dieser Ansatz ist auf den ersten Blick nicht neu. Aber man muss nach vorne denken. Die Anwendungsmöglichkeiten sind nicht ausgeschöpft – und das werden die jüngeren Käuferschichten einfordern.
Jasmin Wolfram ist Absolventin der Frankfurt School of Finance und seit 2024 bei der Deka. Sie managt den Anfang des Jahres aufgelegten Deka-Lifestyle und investiert dafür in ein weltweites Anlageuniversum von rund 1.000 Unternehmen. Dabei setzt Wolfram zu rund 34 Prozent auf Firmen aus dem Bereich Konsumgüter. Ein weiterer Schwerpunkt liegt mit rund 26 Prozent in der Informationstechnologie. Darüber hinaus investiert der DekaLifestyle in Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit, Industrie und Kommunikation. Das Portfolio besteht letztlich aus 90 bis 120 Positionen
Schreibe einen Kommentar