Wie der Klimawandel Wirtschaft und Unternehmen in Deutschland verändert
ESG und Co.: Herausforderungen und Chancen für deutsche Firmen
Extreme Wetterereignisse, höhere Preise für Emissionsrechte und gesetzliche Verschärfungen setzen deutsche Unternehmen unter Druck. Eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz kommt zu dem Ergebnis, dass der Klimawandel in Deutschland seit dem Jahr 2000 jährliche Schäden von durchschnittlich 6,6 Milliarden Euro verursacht.
Die Folgen des Klimawandels sind für viele Menschen längst hautnah zu spüren. Gletscherschmelze in den Alpen, Dürren in Afrika oder Unwetter in Deutschland – weltweit fliehen mehr als dreimal so viele Menschen vor Naturkatastrophen und Klimaereignissen als vor Konflikten und Gewalt, wie die UNO-Flüchtlingshilfe e. V. berichtet.
Auswirkungen auf Wirtschaft und Unternehmen
Der fortschreitende Klimawandel wirkt sich auch immer stärker auf die Wirtschaft in diesem Land aus. Unternehmen spüren zunehmend die negativen ökonomischen Folgen. Allerdings setzen sich zu wenige Betriebe ausreichend mit den finanziellen Risiken des Klimawandels für ihr Geschäft auseinander, beziehungsweise fehlt ihnen ein tiefergehendes Verständnis für die langfristigen Folgen des Klimawandels, wie eine Studie des Umweltbundesamtes ergab.
Laut Sustainability Report 2022 der Beratungsgesellschaft Deloitte berichteten fast alle befragten Führungskräfte in Deutschland (97 Prozent), dass ihr Unternehmen bereits negativ vom Klimawandel beeinflusst wurde. 50 Prozent teilten mit, dass ihre Betriebsabläufe – wie zum Beispiel Störungen der Geschäftsmodelle oder der weltweiten Versorgungsnetze – direkt von Ereignissen des Klimawandels betroffen waren.
Durch die gesellschaftlichen Reaktionen auf den Klimawandel in Form von verschärften gesetzlichen Vorschriften, neuen Technologien und Märkten entstehen weitere Geschäftsrisiken, die Kosten verursachen oder direkte Auswirkungen auf bestehende Produkte, Services und Vermögenswerte haben.
Durch den Klimawandel verursachte Hitze, Dürre und Fluten haben bis 2021 in Deutschland mindestens 145 Milliarden Euro gekostet. Das sind seit dem Jahr 2000 jährlich 6,6 Milliarden Euro, wie eine Studie belegt.
Schärfere Klimaschutzgesetze könnten zudem zu Abschreibungen bei Geschäften führen, die nicht mehr rentabel betrieben werden können.
Stürme, veränderte Niederschlagsmuster, erhöhte Durchschnittstemperaturen, Überschwemmungen oder Dürre: Diese und andere Risiken sind direkt mit dem Klimawandel verbunden. Die Folgen für die Wirtschaft reichen von Sturmschäden, beispielsweise an Produktionsstätten oder Produktionsrückgängen, über die Unterbrechung globaler Lieferketten bis hin zu Einbußen in der Stromproduktion durch Verknappung des Kühlwassers aufgrund von Trockenperioden.
Niedrige Pegelstände durch andauernde Trockenheit führten zum Beispiel in den Sommern 2018 und 2019 zu Lieferengpässen und Produktionseinstellungen bei Unternehmen, die stark vom schifffahrtsbasierten Lieferverkehr abhängig sind. Globale Versorgungsketten mit Rohstoffen und Zwischenprodukten sowie der inländische Warenverkehr über Wasserstraßen könnten laut UBA in der Zukunft immer stärker durch Klimawandelfolgen beeinträchtigt werden.
Worauf müssen sich deutsche Unternehmen künftig einstellen? Wir sprechen mit Patricia Posch, Certified CSR & Sustainability Managerin bei der BayernLB, über die Risiken und wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels für Unternehmen und über mögliche Maßnahmen.
Frau Posch, müssen sich Unternehmen angesichts der Folgen des Klimawandels Sorgen um ihre Zukunft machen?
Sorgen nicht unbedingt, Gedanken schon. Insbesondere, weil die direkten Folgen des Klimawandels für den Menschen bereits spürbar sind. So hat sich die Zahl der Hitzetage in Deutschland mit Höchsttemperaturen von über 30 Grad Celsius fast verdreifacht und die Winterniederschläge stiegen um 27 Prozent (gegenüber 1881, dem Beginn der Wetteraufzeichnungen).
Bereits in den vergangenen Jahren hatten die anhaltend hohen Temperaturen starke Auswirkungen auf Wirtschaft, Landwirtschaft und die Gesundheit der Menschen:
- Die Landwirtschaft ist stark witterungsabhängig. Temperaturerhöhungen, Hitzewellen, Spätfröste, Trockenheit, Starkregen, Hagel und Stürme wirken sich direkt auf die landwirtschaftliche Produktion aus. Die Trockenheit der Jahre 2018 und 2019 führt zu hohen Einbußen bei Feldfrüchten, u. a. Weizen und Kartoffeln, von rund 8 Milliarden Euro (direkte und indirekte Verluste).
- Der Klimawandel stellt auch den Wald vor große Herausforderungen: Schädlingsbefall, Waldbrände und Extremereignisse wie Hitze- und Trockenperioden und Stürme setzen dem Wald zu. Die Hitze und Dürre der Jahre 2018 und 2019 führte zu Verlusten bei Forstbetrieben von 8,5 Milliarden Euro.
- Die dadurch verursachten hitzebedingten Produktionsausfälle in Industrie und Gewerbe lassen sich auf rund 10 Milliarden Euro an direkten und indirekten Effekten beziffern.
- Auch der Mensch reagiert sensibel auf extreme Wetterereignisse. Hitze belastet direkt die menschliche Gesundheit. So führte die hohe Anzahl an heißen Tagen in den vergangenen Jahren zu einer statistisch sichtbaren Übersterblichkeit.
- Ebenfalls in vielfacher Weise vom Klimawandel betroffen sind Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft. Denn steigende Temperaturen, veränderte Niederschläge und Wetterextreme beeinflussen Menge und Qualität des verfügbaren Wassers. Die Sturzfluten und Überschwemmungen in 2021 führten zu hohen Schäden an Privathaushalten (14 Milliarden Euro), im Bauwesen (6,9 Milliarden Euro), im Bereich Verkehr und Verkehrsinfrastruktur (6,8 Milliarden Euro) und im Industrie- und Gewerbesektor (5 Milliarden Euro).
Auch wenn sich nicht alle diese Extremwettertypen eindeutig auf den Klimawandel zurückführen lassen, so zeigen die Prognosen dennoch in eine eindeutige Richtung: Der Klimawandel in unserem Land wird zu schwankenden Wetterereignissen führen, die wiederum mit steigenden Klimarisiken verbunden sind. Würden die Treibhausgasemissionen ohne Einwirken der Politik der Bundesregierung ungebremst weiter ansteigen, so könnten die Temperaturen hierzulande bis 2100 um 3,9 bis 5,5 Grad steigen.
Nun macht ein heißer Sommer noch keinen Klimawandel, oder?
Da haben Sie recht. Deshalb unterscheiden Meteorologinnen und Meteorologen sowie Klimaforscherinnen und -forscher zwischen Wetter und Klima. Hitzesommer werden aber dann für die Expertinnen und Experten interessant, wenn sich Muster ändern.
Betrachten wir die zehn Jahre mit den höchsten Durchschnittstemperaturen in Deutschland seit 1881, dann können wir feststellen: Neun davon hatten wir zwischen 2010 und 2020. Davon war 2018 das wärmste Jahr und 2020 das zweitwärmste Jahr.
Klimaforscherinnen und -forscher rechnen mit einer deutlichen Zunahme von extremen Wetterereignissen. Dazu gehören Hitzewellen und Trockenheit, aber auch Starkregen, Überschwemmungen und Stürme. Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Bundesumweltamtes bestätigt, dass Deutschland flächendeckend vom Klimawandel betroffen ist und sich dies in Zukunft weiter verstärken wird. Jedoch fallen die konkreten Auswirkungen räumlich unterschiedlich aus. Seit 1951 hat die Anzahl der heißen Tage im Flächenmittel von Deutschland von im Mittel etwa drei Tagen pro Jahr auf derzeit im Mittel etwa zehn Tage pro Jahr zugenommen.
Nach den Ergebnissen des aktuellen European CFO Survey haben sich weniger als 10 Prozent der befragten Unternehmen Ziele gesetzt, die im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen stehen. 2021 hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzgesetz (KSG) nachgelegt und das bislang umfassendste Klimaschutzpaket beschlossen. Was bedeutet das für die Unternehmen in Deutschland?
Der Klimaschutzplan enthält konkrete CO2-Minderungsziele für wichtige Sektoren. So muss beispielsweise die Energiewirtschaft ihre Emissionen bereits bis 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken. Für die Industrie liegt die Messlatte sogar bei 67 Prozent, für den Verkehrssektor bei 42 Prozent.
In den vergangenen Monaten hatten wir eine intensive Diskussion darüber, wie diese Ziele effizient erreicht werden können. Es ging vor allem darum, ob man auf eine Steuerung der Emissionsmenge setzen sollte, wie es im Emissionshandel geschieht. Oder besser auf eine Steuerung des Preises, also eine CO2-Steuer.
Jedes Unternehmen sollte gegebenenfalls einmal durchrechnen, welche Wirkungen eine CO2-Steuer von 40 oder 50 Euro pro Tonne auf das Geschäftsergebnis hätte. Damit bekommt es einen besseren Eindruck von den Auswirkungen.
Inwiefern ist der Mittelstand betroffen?
Der neue Entwurf für die CSR-Berichtspflicht sieht vor, dass auch mittelständische Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden von der Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen sind, wenn sie entsprechende Aktivitäten haben. Das zeigt: Die Zeiten, in denen strengere Belegpflichten nur für große Konzerne galten, sind vorbei. Denn die mittelständische Wirtschaft ist von den Auswirkungen des Klimawandels genauso betroffen wie die global agierenden Großunternehmen. Auch der Mittelstand muss sich verstärkt Gedanken darüber machen, wie sich das Klima auf die Geschäftsmodelle und Kundschaft, Prozesse und Produkte auswirkt. Darüber hinaus achten immer mehr Stakeholder verstärkt auf ESG-Kriterien und richten ihre Investments nach diesen aus.
Doch es gibt nicht nur Geschäftsrisiken, es eröffnen sich auch neue Marktchancen. Denn die nachhaltige Transformation der Realwirtschaft ist in vollem Gang. Die veränderten Risiken und Marktgegebenheiten in Verbindung mit dem Klimawandel fördern die Anpassung von bestehenden Geschäftsmodellen an eine dekarbonisierte Gesellschaft, unter anderem durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien oder E-Mobilität. Zusätzlich entstehen neue nachhaltige Wachstums- und Innovationsmärkte, zum Beispiel der GreenTech-Markt, die neue Antworten auf die Klimaveränderung und andere globale Herausforderungen wie Ressourcenverknappung, Urbanisierung oder Demografie liefern.
Seit Mitte Juni 2022 gibt es neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD. Was kommt jetzt durch die detaillierten Berichtspflichten zusätzlich auf die Unternehmen zu?
Seit dem Geschäftsjahr 2017 gibt es eine Nachhaltigkeitsberichtspflicht (Non Financial Reporting Directive, kurz: NFRD) für große und kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden. Sie müssen jährlich darüber berichten, wie sie nichtfinanzielle Aspekte in den Bereichen Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz, Personal, Reputationsrisiko und Compliance steuern.
Aktuell wird die NFRD weiterentwickelt zur sogenannten CSRD, die ab 2024 in Kraft tritt und die NFRD ablöst. Damit ist nicht nur verbunden, dass die Nachhaltigkeitsberichtspflicht ein integrierter Teil des Geschäftsberichtes wird, auf Basis einheitlicher Reportingstandards verfasst und in einem einheitlichen elektronischen Format offengelegt werden soll. Sondern es wächst vor allem der Kreis der Berichtspflichtigen, da ab dem Geschäftsjahr 2025 auch mittelständische Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden nach der CSRD berichten sollen. Der Kreis der Berichtspflichtigen wächst damit um den Faktor 10.
Damit soll Investorinnen und Investoren mehr Sicherheit dabei gegeben werden, welche Aktivitäten wirklich nachhaltig sind und welche nicht. Indem die Transparenz und Vergleichbarkeit erhöht werden, wenn es um die Einschätzung geht, wie Unternehmen klimabezogene Risiken identifizieren, beurteilen und steuern und Angaben zur Vereinbarkeit ihres Geschäftsmodells mit dem Ziel der EU-Klimaneutralität bis 2050 machen, soll stärker Kapital in nachhaltige Produkte kanalisiert werden.
Bislang handelt es sich noch um Empfehlungen. Erste Konzerne kommen ihnen aber bereits auf freiwilliger Basis nach. Ein Referentenentwurf für ein Umsetzungsgesetz wird für 2023 erwartet.
Was können Unternehmen konkret tun, um sich gegen die Risiken des Klimawandels zu wappnen?
Zunächst einmal ist die Schaffung von Transparenz ein wichtiger Schritt. Unternehmen müssen Klimarisiken als Risikotreiber in ihr Risikomanagement konsequent integrieren.
Dabei muss das Risikomanagement berücksichtigen, wie gut das Unternehmen Klimarisiken identifiziert, bewertet und welche Maßnahmen es ergreift. Zentrale Fragestellungen, die es mit Kennzahlen und Zielvorgaben zu untermauern gilt, können sein:
- Wie hoch sind die direkten und indirekten CO2-Emissionen und wo gibt es Ansatzpunkte, diese zu reduzieren?
- Inwiefern ist unsere Kundschaft vom Klimawandel betroffen und welche Auswirkungen hat dies auf ihre Nachfrage nach unseren Produkten?
- Wie anfällig sind unsere Zulieferer und Lieferwege beispielsweise gegenüber extremen Wetterereignissen?
- Wie gefährdet sind unsere Standorte hinsichtlich der Folgen des Klimawandels, zum Beispiel bei steigendem Meeresspiegel oder häufigeren Überschwemmungen durch Hochwasser?
In einem zweiten Schritt muss klar erkennbar sein, wie das Unternehmen auf die analysierten Risiken und Chancen des Klimawandels reagiert. Das bedeutet, der Einfluss aktueller und künftiger Klimarisiken muss strategisch bewertet und geeignete Maßnahmen abgeleitet werden, in welchen Schritten die Anpassung an den Klimawandel erfolgen kann. Beispielsweise, indem eine Leistung weiterentwickelt, Zulieferer diversifiziert oder Standorte verlagert werden.
Die Bereitschaft, Zahlen zur Kohlenstoffemission zu veröffentlichen, ist in jüngster Zeit deutlich gestiegen: Im Jahr 2019 meldeten fast 7.000 Unternehmen ihre Emissionen an das Carbon Disclosure Project (CDP), doppelt so viele wie im Jahr 2011.
Interessant kann auch das Thema Risikovorsorge durch Versicherungen sein. Zum Beispiel gegen Extremwetterereignisse und Betriebsunterbrechungen. Unternehmen müssen diese Versicherungen auch einpreisen.
Sind Sparkassen und Banken bereits ausreichend auf den Klimawandel vorbereitet? Welche aktive Unterstützung können sie der Wirtschaft beziehungsweise den Unternehmen bieten, damit mehr Investitionen in Klimaneutralität und Nachhaltigkeit getätigt werden?
Wie stark die Kreditinstitute Klimarisiken bereits in ihren Stressszenarien berücksichtigen, ist unterschiedlich. Das Ergebnis der EZB zu ihrem ersten Klimastresstest zeigt, dass sich bislang weit mehr als die Hälfte der beteiligten Kreditinstitute noch nicht mit Klimarisiken auseinandersetzen. Allerdings lässt sich ein gestiegenes gesellschaftliches Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit durch verstärkten Klima- und Umweltschutz sowie soziale Gerechtigkeit erkennen, das sich auch auf die strategische Ausrichtung der Kreditinstitute zunehmend auswirkt.
Um angemessen auf diese Veränderungen reagieren zu können, setzen sich immer mehr Kreditinstitute mit den sozialen und ökologischen Folgen ihres unternehmerischen Handelns auseinander. Denn Sparkassen und Banken nehmen eine Schlüsselrolle für die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft ein. Sie sind ein Teil des Wirtschaftssystems und beraten ihre Kundschaft bei Anlageentscheidungen. Je nachdem, welche Kriterien Sparkassen und Banken bei der Kreditvergabe anlegen – ausschließlich ökonomische Kriterien oder auch ökosoziale Kriterien – entscheiden sie darüber, ob das Wirtschaftssystem in eine nachhaltigere Richtung gelenkt wird.
Und diese Transformation muss an jeder kleinen Stelle eines lokalen Wirtschaftssystems begonnen werden. Vor allem die Sparkassen als lokale Institute vor Ort sind für einen solchen Dialog prädestiniert. Viele Unternehmen überdenken aktuell ihre Lieferketten, ihre Prozesse, ihre Wertschöpfungsketten. Dabei brauchen sie ähnlich wie auf der privaten Anlageseite eine strategische Partnerin, die ihnen hilft zu verstehen, wo sie aktuell stehen und in welche Richtung sie sich in den kommenden Jahren bewegen wollen.
Sparkassen und Banken kommt also eine wichtige Rolle als Sparringspartnerinnen und Enablerinnen zu, die ihre Kundinnen und Kunden auf dem Weg, nachhaltig zu werden, intensiv begleiten und gemeinsam die besten Lösungen finden. Konkret bedeutet das, regulatorische Anforderungen greifbar zu machen und die Finanzierung von Investitionen in die nachhaltige Ausrichtung des Geschäftsmodells ihrer Kundschaft, zum Beispiel durch Green Loans oder ESG-Linked Loans, zu strukturieren.
Welche Herausforderungen stellen sich beispielsweise bei der Bewertung von Klimarisiken in der Kreditvergabe?
Die Aufsicht erwartet von Sparkassen und Banken, dass sie Nachhaltigkeitsrisiken künftig auch in ihren Prozessen bei der Kreditvergabe berücksichtigen. Dabei muss jedes Finanzinstitut prüfen, ob die finanzierten Wirtschaftsaktivitäten ökologisch im Sinne der EU-Taxonomie sind. Dies erfolgt anhand einer Vielzahl von technischen Bewertungskriterien, welche die Datenlage und Regulatorik zunehmend unübersichtlicher machen.
Das bedeutet, dass ESG-Kriterien eine zunehmend finanzielle Rolle für den Status Quo eines Unternehmens spielen, klassische Finanzkennzahlen allein sind nicht mehr ausschlaggebend.
Derzeit mangelt es noch vielfach an der Verfügbarkeit der Daten, um die Nachhaltigkeitsrisiken und positiven Wirkungen von Finanzierungen auf die Erreichung von Klima- und Nachhaltigkeitszielen im Portfolio adäquat erfassen zu können.
Die Sparkassen ermitteln mithilfe des sogenannten ESG-Scores das potenzielle Nachhaltigkeitsrisiko, dem beispielsweise ein Firmenkunde in seiner spezifischen Branche ausgesetzt ist. Unter Berücksichtigung verschiedener Indikatoren aus den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Environment, Social und Governance (ESG) spiegelt der ESG-Score das branchenspezifische Ausmaß von Nachhaltigkeitsrisiken wider. Denn die Transformation der deutschen Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit wird nicht ohne die Vergabe von Krediten in weniger nachhaltige Branchen zu bewerkstelligen sein. Vielmehr geht es darum, alle Unternehmen auf dem Weg der Transformation mitzunehmen. So können Kundinnen und Kunden mit hohen ESG-Risiken diese perspektivisch reduzieren, indem sie in grüne Investments mit Taxonomie-konformem Verwendungszweck investieren.
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die Wirtschaft?
Auch Wirtschaft und Unternehmen spüren zunehmend die negativen ökonomischen Folgen des Klimawandels. Mindestens 145 Milliarden Euro haben die Folgen von durch den Klimawandel verursachter Hitze, Dürre und Fluten bis 2021 in Deutschland gekostet. Das sind seit dem Jahr 2000 jährlich 6,6 Milliarden Euro, wie eine Studie belegt.
97 Prozent befragter Unternehmen berichteten, dass ihr Betrieb bereits negativ vom Klimawandel beeinflusst wurde. 50 Prozent von ihnen teilten mit, dass ihre Betriebsabläufe – wie zum Beispiel Störungen der Geschäftsmodelle oder der weltweiten Versorgungsnetze – direkt von Ereignissen des Klimawandels betroffen waren, so die Ergebnisse des Sustainability Report 2022 der Beratungsgesellschaft Deloitte.
Anhaltend hohe Temperaturen hatten bereits in den vergangenen Jahren starke Auswirkungen auf Wirtschaft und Landwirtschaft:
Landwirtschaft: Temperaturerhöhungen, Hitzewellen, Spätfröste, Trockenheit, Starkregen, Hagel und Stürme wirken sich direkt auf die landwirtschaftliche Produktion aus. Die Trockenheit der Jahre 2018 und 2019 führte zu hohen Einbußen bei Feldfrüchten, u.a. Weizen und Kartoffeln, von rund 8 Milliarden Euro (direkte und indirekte Verluste ).
Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft: Die Sturzfluten und Überschwemmungen in 2021 führten beispielsweise zu hohen Schäden im Bauwesen (6,9 Milliarden Euro), im Bereich Verkehr und Verkehrsinfrastruktur (6,8 Milliarden Euro), im Industrie- und Gewerbesektor (5 Milliarden Euro ) sowie in Privathaushalten (14 Milliarden Euro).
Wald: Schädlingsbefall, Waldbrände und Extremereignisse wie Hitze- und Trockenperioden sowie Stürme setzen dem Wald zu. Die Hitze und Dürre der Jahre 2018 und 2019 führte zu Verlusten bei Forstbetrieben von 8,5 Milliarden Euro . Die dadurch verursachten hitzebedingten Produktionsausfälle in Industrie und Gewerbe lassen sich auf rund 10 Milliarden Euro an direkten und indirekten Effekten beziffern.
Was können die Wirtschaft und Unternehmen gegen den Klimawandel tun?
Ein wichtiger erster Schritt ist die Schaffung von Transparenz. Unternehmen müssen Klimarisiken als Risikotreiber erkennen und in ihr Risikomanagement integrieren.
Zentrale Fragestellungen, die Unternehmen mit Kennzahlen und Zielvorgaben untermauern sollten, könnten sein:
Wie hoch sind die direkten und indirekten CO2-Emissionen und wo gibt es Ansatzpunkte, diese zu reduzieren?
Inwiefern ist unsere Kundschaft vom Klimawandel betroffen und welche Auswirkungen hat dies auf ihre Nachfrage nach unseren Produkten?
Wie anfällig sind unsere Zulieferer und Lieferwege beispielsweise gegenüber extremen Wetterereignissen?
Wie gefährdet sind unsere Standorte hinsichtlich der Folgen des Klimawandels, zum Beispiel bei steigendem Meeresspiegel oder häufigeren Überschwemmungen durch Hochwasser?
Im zweiten Schritt muss das Unternehmen erkennbar machen, wie es auf die analysierten Risiken und Chancen des Klimawandels reagieren wird. Das geschieht durch die strategische Bewertung aktueller und künftiger Klimarisiken und der Ableitung geeigneter Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Das kann beispielsweise eine Weiterentwicklung einer Leistung sein, die Verlagerung von Standorten sowie die Diversifizierung von Zulieferern.
Auch die Risikovorsorge durch Versicherungen ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema – zum Beispiel gegen Extremwetterereignisse und Betriebsunterbrechungen.
(Stand: 26.7.2022)
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