European Green Deal
Das Klima verdient Besseres
Selbst Corona kann das Top-Thema Klimaschutz nicht aus dem Bewusstsein der Menschen verdrängen. Im Gegenteil: Die EU hat ihre ehrgeizigen Planziele für einen European Green Deal jetzt noch angehoben. Andere Weltregionen ziehen mit – und immer mehr Anleger. Sie machen mit ihren Investments klimafreundliche Unternehmen erfolgreicher.
Landwirte holen Rekordernten aus dem guten Boden. Angler ziehen schwere Prachtkarpfen aus den Bächen. In den Dörfern treffen sich Senioren im Schatten mächtiger Fichten. Alles erst ein Jahrzehnt her. Heute ist das anders: 2020 sind gemäßigte, lang anhaltende Regenfälle fast ganz ausgeblieben – wie seit drei Jahren schon. Die Äcker sind ausgelaugt, die Ernte ist um ein Drittel gefallen. Viele Flüsschen sind verschlammt oder ausgetrocknet, Nadelbäume im Ort eingegangen. Ein Bild wie in der trostlosen Steppe. Doch der Besucher steht nicht in der Ödnis der Mongolei – er besucht Artern, ein Örtchen mitten in Deutschland.
Der Vergleich mit dem asiatischen Steppenland ist nicht aus der Luft gegriffen. Hier regnet es inzwischen so selten wie in der Mongolei. Und solche Extreme werden zusehends zur Normalität: in Deutschland, in Europa, weltweit. Monatelange Trockenheit und Waldbrände, Starkregen und Überschwemmungen, schmelzende Gletscher und sinkende Grundwasserspiegel – der Klimawandel ist überall.
Anleger fördern den Klimaschutz
„Die Umwelt befindet sich an einem Scheidepunkt“, sagt Hans Bruyninckx. Der Exekutivdirektor der Europäischen Umweltagentur drängt auf ein massives Gegenlenken. Sonst werden noch viel mehr EU-Regionen staubtrocken wie die Sahara oder überschwemmt wie Bangladesch im Monsun. Eine Gefahr, die auch viele Bürger genauso sehen – und deshalb für mehr Klimaschutz demonstrieren.
Die Menschen handeln zudem auch als Anleger: Vermögensbildung mit dementsprechender Zielrichtung hat nach einer Studie des Forums Nachhaltige Geldanlagen kräftig zugelegt; allein 2019 im Vorjahresvergleich um mehr als 20 Prozent. Das Volumen dieser Wertpapiere, darunter auch viele im Bereich Klimaschutz, erreicht inzwischen fast 270 Milliarden Euro.
Klimaschutz hat Konjunktur – das hat auch die Politik verstanden. Allen voran geht Ursula von der Leyen. Die Chefin der EU-Kommission hat den European Green Deal in Gang gesetzt: Die 27 Staaten der Europäischen Union sollen bis 2050 komplett klimaneutral sein. „Wir haben ein Europäisches Klimagesetz vorgeschlagen, um diese politische Verpflichtung in eine rechtliche Verpflichtung umzuwandeln“, so von der Leyen.
Alle Wirtschaftssektoren sollen dazu einen aktiven Beitrag leisten: in neue, umweltfreundliche Technologien investieren, umweltfreundlichere, kostengünstigere und gesündere Formen des privaten und öffentlichen Verkehrs entwickeln, den Energiesektor abgasfrei und Gebäude energieeffizienter machen. Im Ergebnis soll das auch Europas Industrie fitter für eine erfolgreiche Zukunft machen – und seine Unternehmen zu Meistern der Nachhaltigkeit.
Die zehn wichtigsten Punkte des European Green Deal
Mitgliedsländer, die am stärksten mit dem Übergang zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft zu kämpfen haben, können dabei finanzielle und technische Hilfe erwarten. Ziel ist es, im Zeitraum 2021 bis 2027 in den am meisten betroffenen Regionen mindestens 100 Milliarden Euro zu mobilisieren. Brüssel will damit auch Umweltstandards für den Rest der Welt setzen.
Wer erfolgreich sein will, steuert um
Das ist eine Herkulesaufgabe. Aber es ist eine, mit der die Europäer nicht allein dastehen: So wollen auch die Chinesen bis 2060 klimaneutral leben – allein das hätte einen Effekt von 0,3 Grad weniger Temperaturanstieg, so Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln. Gleichzeitig wird weltweit den Verbrennungsmotoren der Kampf angesagt. Das Nicht-EU-Mitglied Norwegen will Benzin- und Dieselautos bereits ab 2025 verbieten. Israel und Indien planen dies für 2030 – nebst einigen EU-Staaten wie Dänemark, Irland, Schweden oder die Niederlande.
Glücklich, wer als Anleger bereits frühzeitig in die Hersteller von Elektroautos oder Batterietechnik investiert hat. Die Kurse etwa von Tesla oder BYD haben in den vergangenen Jahren deutlich stärker als der Markt zugelegt. Doch auch seit Jahrzehnten etablierte Marken investieren längst in klimafreundlichere Produkte, deren nachhaltige Produktion, Belieferung und Logistik – und werden damit zunehmend auch für Anleger interessant.
Denn wer als Unternehmer in der klimaneutralen Welt noch erfolgreich sein will, muss umsteuern. „Die Deka sieht den European Green Deal positiv, da dieser mit Investitionen in grüne Technologien, nachhaltige Lösungen und neue Geschäftschancen für Unternehmen zu Europas neuer Wachstumsstrategie werden kann“, sagt Winfried Mathes. Der Experte für Nachhaltigkeit & Corporate Governance bei der Deka Investment GmbH kämpft seit Jahren schon für diese Überzeugung – bei den vielen Konzernen, an denen die Anleger der Fondsgesellschaft beteiligt sind. Ganz im Einklang mit der Maxime der Deka: positiv Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen, statt Investments einfach nur zurückzufahren.
Wer als Anleger etwa über Fonds oder ETFs gezielt in Firmen mit einer klimafreundlichen Agenda investiert, oder auch in die dementsprechenden Sektoren der Wirtschaft, der kann den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft so befördern. Allein die Deka hat zehn Fonds und dazu eine ganze Produktfamilie von ETFs im Angebot, die sich diesem Anspruch an die Vermögensbildung besonders verschrieben haben.
Auch bedeutende Player der Wirtschaft haben diesen Wunsch der Verbraucher erkannt. „Wir bekommen zurzeit immer mehr Anfragen von Unternehmen, die mit uns ihre Nachhaltigkeitsstrategien diskutieren wollen. Und einige Unternehmen haben zuletzt ihre Klimapolitik adjustiert. So hat zum Beispiel HeidelbergCement sein ursprüngliches CO2-Emissionsziel für 2030 auf 2025 vorgezogen, und der BMW-Konzern weitet seine Elektropläne aus“, so Mathes. Die Manager in diesen und vielen anderen Unternehmen sind genau wie die Investoren überzeugt: Wenn der Klimaschutz auf einem zukunftsweisenden Kurs ist, bewegt sich auch der Kurs ihrer Aktien und damit die Geldanlage für den Anleger langfristig in eine nachhaltig ertragssichere Richtung.
Auch andere Konzerne wie Siemens oder Volkswagen sind nicht zuletzt deswegen schon große Schritte gegangen auf dem Weg, bis 2050 klimaneutral zu werden – in allen Aktivitäten, auf der ganzen Welt. Allein VW steht dabei, gemessen am Jahr 2016, mit seinen über 100 Fabriken für mehr als zwei Prozent der globalen Emissionen. Das entspricht der Menge, die die ganze Bundesrepublik Deutschland im selben Jahr emittiert hat.
Bei der Präsidentin der EU-Kommission kommen Beispiele wie diese gut an. Industrie und Wirtschaft seien zur Minderung des CO2-Ausstoßes um 55 Prozent gegenüber 1990 bereit: Von der Leyen sagt: „Sie wollen es.“ Ein Beleg: Erst vor Kurzem haben rund 150 europäische Konzernchefs der Corporate Leaders Group genau dieses Minderungsziel gefordert. Darunter befinden sich bisherige massive CO2-Emittenten wie die deutschen Stahlkocher Thyssenkrupp oder Salzgitter.
Gewinner und Verlierer des Klimaschutzes
Schon jetzt ist nämlich klar: Der Klimawandel wird unter manchen Unternehmen und deren Anlegern auch Verlierer schaffen. Eine Studie der Investoren-Initiative Principles for Responsible Investment (PRI) hat prognostiziert, dass die 100 klimaschädlichsten Unternehmen im Weltindex MSCI in den kommenden fünf Jahren rund 43 Prozent ihrer bisherigen Bewertung verlieren werden. Das sind 1,4 Billionen US-Dollar, die den Anlegern mit diesen Firmen verloren gehen könnten.
Besonders schwer gebeutelt werden nach dieser Analyse Kohleunternehmen, Öl- und Gas-Produzenten sowie Firmen, die mit der großflächigen Abholzung von natürlich gewachsenen Wäldern ihr Geld verdienen wollen. Aber auch Rindfleisch-Produzenten, in deren Auftrag klimaschädigende Monokulturen etwa zum Sojabohnen-Anbau entstehen, werden laut PRI im Durchschnitt 15 Prozent ihres aktuellen Börsenwertes verlieren.
Wo Schatten ist, da strahlt für andere Anleger auch Licht: Dieselbe Untersuchung besagt nämlich, dass die 100 Unternehmen im MSCI, die am besten hinsichtlich Klimaschutz performen, in den kommenden fünf Jahren rund ein Drittel an Wert zulegen werden. Daran partizipieren die Anleger. Mit Anteilen von Firmen, die stark auf erneuerbare Energien, umweltfreundliche Antriebe wie Elektromotoren oder für den Klimaschutz nötige Mineralstoffe setzen, können sie um 700 Milliarden US-Dollar reicher werden. Zu den Gewinnerbranchen des Wandels zählen unter anderem die Anbieter von Elektromobilitätslösungen, erneuerbaren Energien oder Software für das Management klimaschonender Prozesse in Wirtschaft und Gesellschaft.
Vorreiter Norwegen
Deka-Experte Mathes weiß, dass trotzdem manches Unternehmen zu einem Schwenk in Richtung Klimaschutz noch einen Anstoß vonseiten seiner Anleger braucht: „So haben wir bei der diesjährigen Hauptversammlung von Royal Dutch Shell einen Aktionärsantrag unterstützt, der vom Unternehmen eine detailliertere Dekarbonisierungsstrategie verlangt.“ Auch bei Unternehmen wie Lufthansa, Thyssenkrupp oder Volkswagen drücken die Vertreter der Anleger bei nachhaltigen Initiativen aufs Tempo.
Klimafreundliche Investitionen zahlen sich schließlich aus. Davon ist auch die EU-Politik überzeugt. Sie kämpft aber gleichzeitig für den Schutz gegen Schmutzfinken: Klimaignorante Billigimporteure aus Asien oder Amerika sollen unter dem European Green Deal leiden. Denn künftig werden auswärtige Konkurrenten eine Art CO2-Zoll an der europäischen Außengrenze zahlen. Importe etwa von Soja aus Brasilien oder Stahl aus China werden dann je nach ihrem CO2-Gehalt verteuert. Nur Lieferanten, die nachweislich genauso klimafreundlich produzieren wie die Europäer, können die Abgabe vermeiden. Zudem sollen europäische Exporteure einen Zuschuss erhalten, damit sie ihre Waren auf dem Weltmarkt trotz hoher Klimaschutzkosten wettbewerbsfähig anbieten können.
Auch unabhängige Wissenschaftler wie Sonja Peterson, Klimaexpertin am Institut für Weltwirtschaft, befürworten einen solchen „Grenzausgleichsmechanismus. Er sei gerecht, marktkonform und bringe noch mehr Staaten dazu, etwa in den Emissionshandel einzusteigen. China beispielsweise verkaufe darum inzwischen CO2-Emissionsrechte gegen Bares an die Unternehmen des Landes. Denn das Klima verdient Besseres – das hat auch das Reich der Mitte erkannt.
So wird der Klimawandel Europa schaden
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Quelle: fondsmagazin.de