Die 7 größten Risiken für deutsche Unternehmer in 2020
Das kommt auf den Mittelstand zu
Brexit, Klimawandel, Fachkräftemangel: Gefühlt verändert sich die Welt immer schneller. Womit müssen Unternehmer im neuen Jahr rechnen? Unsere Top 7 im Überblick.
Top 1: Cyberangriffe
Cyberattacken liegen laut einer aktuellen Studie des Versicherungsunternehmens Allianz auf Platz eins der möglichen Bedrohungen für die Wirtschaft. Unternehmen weltweit haben hauptsächlich Angst vor Hackerangriffen und Betriebsstillstand.
Vor allem eine mögliche Erpressung macht den Unternehmen zu schaffen. Cyberkriminelle verschlüsseln mit Hilfe von Schadsoftware („Ransomware“) Firmenrechner und verlangen anschließend Geld für die Entschlüsselung. Waren vor wenigen Jahren 10.000 bis 20.000 Euro übliche Forderungen, versuchen Hacker inzwischen nicht selten, zweistellige Millionenbeträge zu erpressen.
Im Fokus der Angreifer steht vor allem die deutsche Industrie. Gerade die vielen kleinen und mittleren Betriebe sind interessant für Kriminelle. Ungenügende Anti-Virus-Software, das Fehlen von mehreren Methoden zur Authentifizierung oder die fahrlässige Verletzung des Datenschutzes und des Urheberrechts zählen zu den häufigsten Sicherheitslücken.
Top 2: Brexit
Der britische Premierminister Boris Johnson drückt beim Brexit aufs Tempo. Am 31. Januar hat das Vereinigte Königreich die EU verlassen.
„Damit ist der EU-Austritt aber noch nicht komplett“, stellt Deka-Chefvolkswirt Dr. Ulrich Kater klar. Bis zum endgültigen Austritt ist eine bis Ende 2020 laufende Übergangsphase vorgesehen, die sogar noch bis Ende 2022 verlängert werden kann.
In dieser Zeit sollen die künftigen Handelsbeziehungen geregelt werden. Das Risiko eines harten Brexits zum 1. Januar 2021 ist hoch, sollte Johnson weiterhin an seinem Plan festhalten, innerhalb nur eines Jahres ein Freihandelsabkommen mit der EU abschließen zu wollen.
Der Brexit bleibt eines der wichtigsten Themen für die deutsche Wirtschaft. Teilweise werden Investitionsentscheidungen verschoben, aber viele deutsche Unternehmer glauben, Großbritannien wegen seiner Bedeutung – vor allem als Absatzmarkt – gar nicht vernachlässigen können. Die Stimmung ist: weitermachen und hoffen, dass das Beste für beide Seiten herauskommt.
Top 3: Klimawandel
Erstmals gilt das Scheitern des Klimaschutzes als Hauptrisiko im Global Risk Report 2020 des Weltwirtschaftsforums. Stürme, Starkregen, Überschwemmungen oder Dürre: Diese und andere Risiken sind direkt mit dem Klimawandel verbunden.
Die Folgen für die Wirtschaft reichen von Sturmschäden beispielsweise an Produktionsstätten über die Unterbrechung globaler Lieferketten bis hin zu Einbußen in der Stromproduktion durch Verknappung des Kühlwassers aufgrund von Trockenperioden.
Auf knapp eine Billion US-Dollar beziffern 215 der weltweit größten Unternehmen ihr mit dem Klimawandel verbundenes wirtschaftliches Risiko. Schärfere Klimaschutz-Gesetze könnten zu Abschreibungen bei Geschäften führen, die nicht mehr rentabel betrieben werden können. Das sind die Ergebnisse einer globalen Unternehmensbefragung.
Die mittelständische Wirtschaft ist von diesen Entwicklungen genauso betroffen wie die global agierenden Großunternehmen. Jedes Unternehmen muss sich darüber Gedanken machen, wie sich das Klima auf seine Geschäftsmodelle und Kunden, seine Prozesse und Produkte auswirkt.
Top 4: Handelskonflikte
„Es besteht weiterhin ein erhebliches handelspolitisches Risiko für die Weltkonjunktur. Die Auseinandersetzung der neuen Rivalen USA und China um die globale Dominanz hat erst begonnen“, sagt Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Gleichzeitig wird US-Präsident Donald Trump alles daransetzen, dass die Konjunktur 2020 gut läuft – um wiedergewählt zu werden.
Schon Trumps Vorgänger haben dies oft mit Erfolg getan: Im vierten Amtsjahr der Präsidentschaften treten Rezessionen nur mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 30 Prozent auf – der niedrigste Wert aller Amtsjahre. Mit einer Eskalation der Handelskonflikte ist deshalb vorerst nicht zu rechnen.
USA und China unterzeichneten bereits Mitte Januar das erste Teilabkommen. Dennoch könnten heiße Wahlkampf-Diskussionen um Steuern oder die Regulierung von Internet-Konzernen auf die wirtschaftliche Stimmung drücken.
Top 5: Negativzinsen
Das vergangene Jahr war eine Zäsur: Sowohl US-Notenbank als auch die Europäische Zentralbank lehnten es ab, die Geldpolitik zu straffen, sondern lockerten diese sogar. Dadurch wurde die derzeitige lockere Geldpolitik zum Normalfall. Es deutet inzwischen vieles darauf hin, dass das aktuell extrem niedrige Zinsniveau die gesamten Zwanzigerjahre prägen wird.
Immer mehr Banken geben die Negativzinsen der EZB an Unternehmen oder große Investoren wie Fonds weiter. Besonders Mittelständler bekommen das stärker zu spüren.
Das bestätigt auch eine aktuelle Forsa-Umfrage von 2019. Dabei gab fast jedes dritte der befragen Unternehmen an, in den vergangenen zwölf Monaten Negativzinsen auf seine Anlagen gezahlt zu haben.
Größere Unternehmen ab einem Jahresumsatz von mehr als 250 Millionen Euro sind davon besonders betroffen. Die Konsequenz: Viele Unternehmen schichten in andere Anlageformen um (37 Prozent) oder investieren verstärkt in den eigenen Betrieb (32 Prozent).
Top 6: Fachkräftemangel
Drei Viertel aller Firmen wollen in ihre Digitalisierung investieren, doch ihnen fehlen die passenden Mitarbeiter. Das ist ein Ergebnis des LBBW Mittelstandsradars. Der Mangel an geeigneten Fachkräften wird sich weiter verschärfen. Die Babyboomer gehen in Rente und fehlen dem Arbeitsmarkt. Damit werden jedes Jahr deutlich mehr ältere Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden, als junge Menschen beginnen. Schon bald wird der Pool an Arbeitskräften sogar schrumpfen. Eine Herausforderung für Unternehmen und Beschäftigte.
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung können zwei Faktoren diese Entwicklung bremsen. Erstens könnten noch mehr Frauen und Ältere arbeiten. Auch wenn die Erwerbsquote beider Personengruppen in den vergangenen Jahren bereits deutlich stieg – es ist noch Luft nach oben. Zweitens könnten Arbeitskräfte aus dem Ausland die Personallücke ebenfalls schließen. Im Schnitt wanderten seit 2010 jedes Jahr rund 400.000 Menschen mehr nach Deutschland ein als aus der Bundesrepublik ins Ausland zogen.
In Zukunft jedoch werden deutsche Unternehmen lernen müssen, mit weniger Menschen mehr zu erwirtschaften, sagt ein Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zum Spiegel. Die Unternehmen werden – statt wie bislang die Quantität – künftig die Qualität der Arbeit erhöhen müssen.
Top 7: Weltwirtschaft
Das Wachstum der Weltwirtschaft war im vergangenen Jahr mit 3,0 Prozent eine Enttäuschung. Wesentlicher Grund dafür war die Schwäche der Industrie. Glücklicherweise hat die Bedeutung der Industriesektoren global in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Für 2020 rechnet die DekaBank mit einer Stabilisierung der Weltkonjunktur bei einem Wachstum von 3,1 Prozent.
Die abnehmende Konjunktur in China, die zunehmende Bedeutung der Schwellenländer und der Aufschwung des Dienstleistungssektors sind laut Deka die Ursachen dafür, dass die deutsche Industrie kein Wachstumsgarant mehr ist. Allein die Binnenwirtschaft bewahrte Deutschland im vergangenen Jahr vor einer Rezession und wird dies auch 2020 tun. Von privatem Konsum, Staatsausgaben und Bauwirtschaft erwartet Dr. Ullrich Kater in diesem Jahr weitere Impulse.
Die Deka rechnet mit einem Wachstum für Deutschland von 0,8 Prozent. Und dies nur aufgrund der geringeren Zahl an Feiertagen als in anderen Jahren.
„Die Folgen der strukturellen Umwälzungen der globalen Wirtschaft, dynamisiert durch den neuerlichen Protektionismus, lasten schwer auf der industriegetriebenen Exportnation Deutschland“, sagt der Chefvolkswirt Dr. Ullrich Kater. „Die Politik muss schnellstmöglich Reformen anstoßen, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand zu retten.“
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