Treibstoff für die Aktienmärkte

An den Weltbörsen verlief die erste Jahreshälfte 2019 glänzend, doch in der zweiten wird es etwas anders kommen, sagt Deka-Stratege Joachim Schallmayer.

Herr Schallmayer, Ende 2018 waren Aktien noch ganz schön unter die Räder gekommen, aber seit Anfang 2019 geht es mit den Kursen wieder schnurstracks aufwärts. Der DAX hat das beste Halbjahr seit 2007 hinter sich. Warum sind die Märkte wie ausgewechselt?

Joachim Schallmayer: Weil die Geldpolitik wie ausgewechselt ist – da besteht ein eindeutiger Zusammenhang. Im vergangenen Jahr verfolgte die amerikanische Notenbank Fed eine restriktive Gangart mit der festen Absicht, die Leitzinsen weiter anzuheben. Die Anleger sorgten sich, dass die Wirtschaft damit auf eine Rezession zusteuern könnte. Deshalb fielen die Aktienkurse. Auch bei der Europäischen Zentralbank zeichnete sich ein langsamer Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik ab, der auf die Stimmung drückte. Doch mit dem Jahreswechsel begann Phase Eins der Neuausrichtung: Die Fed kündigte an, vor weiteren Zinsschritten erst mal zu beobachten, wie sich die Konjunktur weiter entwickelt. Das war der Treibstoff für die Aktienrallye.

Woraus besteht Phase Zwei?

Nach einigen Monaten des Beobachtens ist die Fed kürzlich zu folgendem Schluss gekommen: Sie will die Leitzinsen nicht etwa weiter anheben, sondern nun sollen sie schon bald sinken. Und die EZB hat es der Fed gleichgetan und eine erneute Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt. Die Überraschung ist perfekt.

Wieso Überraschung?

Die Konjunktur lahmt zwar etwas. Aber sie ist nicht so schwach, dass mit Zinssenkungen reagiert werden müsste. Die Notenbanken handeln quasi präventiv. Damit ist für die Märkte fast ein Zustand wie vor den letztjährigen Normalisierungsversuchen erreicht.

Das ist doch positiv, oder?

Es wurde an den Aktienmärkten positiv aufgenommen. Wir bei der Deka sehen die ganze Sache aber etwas kritisch und halten die Erwartungen an EZB und Fed für überzogen. Das Problem der Unternehmen sind nicht zu hohe Zinsen – deshalb können Zinssenkungen auch nicht die Lösung sein. Vielmehr fehlt es den Unternehmen an Planungssicherheit, die Handelskonflikte belasten die Stimmung und auch der ungewisse Ausgang des Brexit. Wenn die erste Freude über die neue Geldpolitik verflogen ist, dürften die Marktteilnehmer schon bald den Realitätscheck machen und feststellen, dass die Wirtschaftslage nach wie vor mau ist. Das kann zur Ernüchterung führen.

Ernüchterung bedeutet auch fallende Aktienkurse?

Da könnte möglicherweise etwas kommen in den nächsten Wochen. Falls die Kurse nachgeben, sollten sich Anleger davon allerdings nicht aus der Ruhe bringen lassen. Denn die Ankündigungen der Notenbanker haben durchaus auch eine positive Seite: Sie haben sich so sehr auf ihre neue Linie festgelegt, dass man für die absehbare Zukunft von einer kapitalmarktfreundlichen Zinspolitik ausgehen kann. Fed und EZB stehen bereit, um das Ihre für ein gutes Wirtschaftsklima zu tun. Außerdem sind die Fundamentaldaten am Aktienmarkt in Ordnung. Mittel- bis langfristig spricht das Gesamtpaket ganz klar für Aktien.

Können Sie das Paket etwas aufschnüren: Was sind die Argumente pro Aktie?

Nun, mit dem dynamischen Wachstum ist es zwar vorbei, aber die Konjunktur stabilisiert sich auf einem niedrigeren Niveau. Den Aktiengesellschaften sollte in diesem Umfeld ein moderates Plus bei den Gewinnen gelingen und damit könnten sie auch noch höhere Dividenden zahlen. Aktuell erreichen die großen deutschen Konzerne mit ihren Ausschüttungen im Schnitt rund 3 Prozent Dividendenrendite. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren erstaunlicherweise stabil geblieben. Die Anleiherenditen oder auch die Mietrenditen von Immobilien sind im gleichen Zeitraum immer weiter gesunken, weil ihre Preise so sehr gestiegen sind. Die Zuwächse bei den Aktienkursen hielten sich dagegen im vernünftigen Rahmen, die Bewertungen sind heute absolut im normalen Bereich. Das gilt vor allem für deutsche und andere europäische Aktien.

Allerdings sollten die Anleger beachten: Kapitalmarktbedingte Wertschwankungen und daraus resultierende Wertverluste können nicht ausgeschlossen werden.

 

Bei welchen weiteren Investments bekommen Anleger noch etwas für ihr Geld geboten?

Bei ausgewählten Hochzinsanleihen von Unternehmen und aus den Schwellenländern gibt es anders als bei Staatsanleihen bester Bonität noch anständige Verzinsungen. Und wegen der Fortsetzung der Geldpolitik mit ihrem Nullzins gewinnt Gold an Glanz: 5 bis 7 Prozent des Edelmetalls können in breit aufgestellte Portfolios beigemischt werden.

 

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