Aktuelle Einschätzung zur heutigen EZB-Sitzung von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank

Neue EZB-Strategie rechtfertigt noch längere expansivere Geldpolitik

Frankfurt, 22. Juli 2021

Nach vielen Spekulationen über neue Anleiheprogramme der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen ihrer neuen Strategie fielen die tatsächlichen Änderungen auf den ersten Blick moderat aus. Die Vorschau auf niedrige Leitzinsen wurde verlängert, indem die Messlatte für eine ausreichende Inflation auf zwei Prozent leicht nach oben genommen wurde. Bei den laufenden Anleiheprogrammen beschloss die EZB keine Änderungen.

Bei näherem Hinsehen hat es der neue Blick auf die Zukunft im Rahmen der angepassten Strategie in sich. Die EZB wird nun erst handeln, wenn das Erreichen des Inflationsziels relativ nahe bevorsteht und die Zielerreichung dauerhaft sichergestellt ist. Dadurch wird die Messlatte für steigende Zinsen deutlich höher gelegt. Das bedeutet implizit auch längere Anleihekaufprogramme. Die EZB belässt sich aber weiterhin große Entscheidungsspielräume. Wie weit das Inflationsziel überschritten werden darf und wann die Inflationsentwicklung als dauerhaft gelten darf, bleibt die diskretionäre Einschätzung des Zentralbankrates.

Die EZB verlängert damit die Perspektive der ultraexpansiven Geldpolitik. Ohne dass sich bei Konjunktur und Inflation groß etwas getan hätte, zeigt dies, dass der EZB-Rat die Risiken der wirtschaftlichen Erholung nach wie vor relativ hoch gewichtet. Für Anleger und Kreditnehmer führen die aktuellen Beschlüsse zu noch länger niedrigen Zinsen als ohnehin schon erwartet. Die Höherbewertung von Aktien und Immobilien wird damit weiter befeuert. Damit ebnet die EZB auch der Finanzpolitik in den kommenden Jahren noch stärker den Weg für höhere Ausgaben. Das sollte Konjunktur und Arbeitsmarkt auf absehbare Zeit weiter unterstützen. Es erschwert jedoch auch eine Umkehr des geldpolitischen Kurses, sollte dies wegen zu hoher Inflationsraten irgendwann einmal wieder der Fall sein.

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